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Maryam Yeganehfar

 Maryam Yeganehfar – Die Schönmacherin

Manfred Rebhandl

Maryam Yeganehfar sitzt in ihrem mit Mid Century Möbeln stilvoll eingerichteten Büro im 2. Wiener Gemeindebezirk. Sie hat eine Kehlkopf- entzündung überwunden und glaubte auch, die Covid-Krise überwunden zu haben, bis an diesem Tag der fünfte Lockdown startete. Ob der Opernball 2022, den sie erstmals zusammen mit drei Kolleginnen organisieren soll, stattfinden wird, weiß sie nicht. Die Aufgabe aber freut sie ungemein.

Interview: Manfred Rebhandl / Fotos: Maximilian Lottmann

WIENER: Wir haben gerade zwei große Probleme in Wien, das eine ist das trübe, nasse, nebelige Wetter …
YEGANEHFAR: Das mag ich gar nicht, dieses Wetter finde ich grauenhaft.

Obwohl es ja im Iran, wo Sie herkommen, auch sehr kalt werden kann. Haben Sie dort schöne, weihnachtliche Winter verbracht?
In Teheran kann es sogar schneien, dort kann es sehr kalt werden, da gibt’s ja auch Berge und du kannst Schifahren. Das Problem bei uns in Wien ist ja nicht die Kälte oder der Schnee, sondern einfach dieser graue Deckel, der ständig über uns hängt.

Zweites großes Problem am heutigen Tag: Es beginnt der fünfte Lockdown. Sind Sie schon sehr angepisst?
Klar, gerade in meiner Branche gab es vor vier Wochen endlich wieder Anfragen wegen Weihnachtsfeiern, du hattest das Gefühl, Geil! Irgendwie wird das jetzt wieder normal. Wir haben Angebote rausgeschossen, und zwei Wochen später war es wieder so: Irgendwie schaut das nicht so gut aus, was machen wir?

Sie wissen heute alles über Covid-Maßnahmen und Hygienekonzepte?
Ich bin „Master of“, gewissermaßen. Ich glaube wirklich, es hat niemand so viel mit Hygienemaßnahmen zu tun gehabt wie unsere Branche, da ging es ja um ein bisserl mehr als ums Desinfektionsmittel hinstellen.

Cleanere Events hat’s noch nie gegeben?
Hat es ganz sicher nicht. Wir hatten von 20. Juli, dem Tag, ab dem wir wieder arbeiten durften, bis heute 15 große Events, und wir hatten dabei keinen einzigen COVID-Fall, dabei waren wir in Spanien, in Frankreich, in Italien, wir haben hunderte Leute von hier nach dort verschippert und wieder zurück – nichts.

Wollen Sie nicht Gesundheitsministerin werden?
Würde ich meinen Job nicht lieben und würde ich die Politik nicht lieber aus der Distanz betrachten, wäre das eine Möglichkeit. Jemand, der aus dem Fach kommt und der vielleicht ein bisserl eine Ahnung hätte, was all die Maßnahmen für die Wirtschaft bedeuten.

Sicher würden Sie Ihr Ministerinnenbüro schön einrichten. Man merkt, Sie lieben Mid Century Möbel.
Ich liebe Möbel insgesamt und habe daher letztes Jahr noch eine Firma gegründet, die sich mit Inneneinrichtung beschäftigt.

Wie geht es Ihnen da mit österreichischen Wohnungen, wo ja noch viel Gmundner Keramik herumsteht?
Ich arbeite mehr im Commercial Bereich als im privaten Bereich, weil ich ja weiß, wie anspruchsvoll es ist, mit Privatpersonen zusammenzuarbeiten. Das ist bei Hochzeiten, die ich ja auch organisiere, wunderbar, aber beim Wohnen ist es noch mal eine Ecke anspruchsvoller. Die Leute geben relativ viel Geld aus und müssen sich irgendwann festlegen, wie sie ihre Wohnung gestaltet haben wollen, das ist nicht immer ganz einfach.

Die Leute haben viele Ideen, aber keine Ahnung?
Zunächst einmal kosten viele Dinge heute 30 Prozent mehr als noch vor zwei Jahren.

Aber Sie arbeiten doch nur mit Reichen und Schönen, dazu noch Russen und Saudis?
(lacht) Also Russen und Saudis zähle ich nicht zu meinen Kunden, aber auch wenn ein Kunde mehr Geld ausgeben kann, will er trotzdem verstehen, warum was wieviel kostet. Und es ist erschreckend, wie die Preise in die Höhe gegangen sind.

Wenn eine Anfrage rein kommt, dann schütten Sie Adrenalin aus und explodieren vor Ideen?
Zuerst versuchst du herauszufinden, worum es geht. Steht das Land fest, steht die Location fest? Die Location ist wichtig für das Konzept. Dann ist die Frage, wie viele Leute kommen, wie viele Quadratmeter brauche ich, dann arbeitest du alles ab: Blumen, Dekoration, Musik live oder aus der Dose, Performances …

…. Schaue ich aufs Meer, schau ich auf die Berge?
… bin ich in einem Palais, bin ich in einem Industriegebäude? Extrem wichtig ist die Einladung, die ja buchstäblich die Eintrittskarte ist und schon kommunzieren sollte, wo ich hingehen soll, warum ich hingehen soll, worum es geht. In einem normalen Jahr sind ja die Leute von Mai/Juni bis Dezember ständig irgendwohin eingeladen, da musst du dich mit deiner Einladung abheben von den tausend anderen Einladungen.

Wir reden hier von keinem Publikum, das auf Weißwein und Soletti angewiesen ist?
Wir reden von Businessevents, die ich zu 70 Prozent organisiere, da hast du obendrein de facto nur drei Tage in der Woche, an denen etwas stattfinden kann, Dienstag, Mittwoch und Donnerstag, am beliebtesten ist der Donnerstag. Am Freitag sind die Leute meist schon raus aus der Stadt, am Montag freut es niemanden wegzugehen.

Kann man da als Freund zu Ihnen kommen und betteln, dass man auch mal wo auflegen darf?
Wenn die Freunde gut sind, natürlich.

Wie groß ist die Community der Reichen in Wien, die auf solche Events eingeladen wird?
Man kann da gar nicht von einer Community der Reichen sprechen. Wir machen hauptsächlich Firmenevents, und da werden vom Portier bis zum Generaldirektor alle eingeladen. Im Schnitt kommen da zwischen 150 und 1000 Gästen.

Sie lernen da die verschiedensten Leute kennen, die Geizigen und die Großzügigen?
Ich glaube, dass sowieso nur die zu uns kommen, die wissen, was wir bieten, und das sind nicht die Geizigen. Wir schaffen eine komplett neue Welt, wenn du das nicht willst, dann kommst eh nicht zu mir. Drei Stehtische, Brötchen, Nüsse, und Mineralwasser – dafür wirst du mich nicht anrufen.

Woher kommen Ihre Ideen, die über drei Stehtische hinaus reichen?
Ich mag es, Räume zu bauen, Welten zu bauen. Und ich finds einfach schön, Menschen glücklich zu machen und ihnen unvergessliche Momente zu verschaffen. Es ist ein Adrenalinjob, es ist wie im Theater, du hast einen Moment, wo du Dinge richtig machen kannst, wenn du es da versemmelst, hast du nie wieder eine Chance, es richtig zu machen. Das macht irrsinnig viel Spaß.

Man kann das stilvoll machen, oder bombastisch großkotzig.
Schön ist es, wenn du nicht zeigen musst, welche Beträge dahinter stecken, sondern wenn du es einfach nur für die Gäste machst. Ich hab keine Kunden, die wert auf den Kaviar legen, meine Kunden wollen es bodenständig und vor allem wahnsinnig nett.

Von Ihren ungezählten Reisen nehmen Sie Eindrücke mit …
…. die ich dann einfließen lassen kann in meine Ideen. Generell ist das Reisen für mich extrem wichtig, irgendwo musst du dir ja Inspiration holen. Das schwierigste in den letzten eineinhalb Jahren war der Stop der Einflüsse von Außen.

Plötzlich schauten Sie jeden Tag auf die Hollandstraße raus.
(lacht) Was bedingt prickelnd ist.

Prickelnder war der blaue Himmel über Los Angeles, wo Sie viele Jahre gelebt haben. Haben Sie in einem schönen Richard Neutra Bungalow gewohnt?
Ich habe damals nach dem Studium in einer kleinen Wohnung in Hollywood gelebt, unterhalb des jetzigen Kodak Theaters, zwei Straßen weiter war’s dann schon ein wenig die härtere Gegend. In L.A. gibt es ja keine Menschen, die aus L.A. stammen, dort hast du schnell unterschiedlichste Menschen aus der ganzen Welt beisammen, das war eine gute Sache, es hat Spaß gemacht.

Hochzeiten machen Sie auch. Wie sinnvoll ist es, so etwas zu machen, wenn sich eh wieder alle scheiden lassen?
Ich mache das seit 14 Jahren, und ich hatte erst eine Scheidung.

Sind es die Damen, die zu Ihnen kommen?
Heute sind beide Partner total involviert in die Planung, nicht mehr nur klassisch: Die Frau plant die Hochzeit.

Und da geht’s um die reine Liebe und nicht ums „Wir zeigen euch was wir drauf haben!“?
Da geht’s um die reine Liebe, anders hab ich es noch nie erlebt. Aber Österreich ist da schon noch etwas hinten, was Hochzeitsplaner angeht. Wir sind ja ein Dienstleistungsbrachland, das dauert hier, bis man jemanden zurate zieht.

Wir sind immer noch mehr so das Bauernhochzeitsland?
Als ich begonnen habe, war das so. Ganz stark war das „Ich mach alles selber, ich kann das mit meiner Mutter und meinen vier Freundinnen!“ Wir haben dann Paare, die kurz vor der Hochzeit zu uns kommen, weil sie es nicht mehr schaffen. Dann sagen sie: Es ist alles organisiert, ihr müsst nur noch das und das machen.

„Der Kuchen ist fertig, bitte holen Sie Schlagobers.“
Genau. Aber dann kommst du nach fünf Stunden drauf, dass gar nichts organisiert ist, dass dem Kuchen Zucker, Mehl, Eier und Vanille fehlen.

Haben Sie eigentlich die Hochzeit der ehemaligen Frau Außenministerin Kneissl organisiert?
Nein.

Wo der Putin gekommen ist?
Nein.

Haben Sie seine Nummer?
Nein. Nein. Nein. Ich glaube, ich würde sie auch nicht haben wollen.

Wie dick ist Ihr Adressbuch für A-Promis? Gibt es Ansagen wie „Bring mir George Clooney!“?
Natürlich haben wir Kunden, die Special Acts haben wollen, aber die scheitern dann meistens an der Verfügbarkeit, weil du Special Acts 24 Monate im Voraus buchen musst. Und die Kosten können die Leute sich teilweise gar nicht vorstellen, da bist du ja sofort bei 100.000 Euro, plus Entourage.

Man liest immer öfter, dass bei richtig perversen Reichenparties dieser oder jene eine Mille für einen Song kriegt, was mich zum Thema Sinnhaftigkeit und ökologischem Fußabdruck bringt: Es wird irrsinnig viel gereist, irrsinnig viel verschwendet. Ist das ein Thema in der Branche?
Bei den Firmenevents ist das gar nicht so, da flieg nur ich, nicht der Kunde. Firmenveranstaltungen in Österreich werden absolut im Sinne der Nachhaltigkeit organisiert, beim Catering schauen wir immer darauf, dass das Essen und Trinken regional ist, es wird z.B. kein Thunfisch mehr serviert, weil das nicht mehr darstellbar ist im Sinne der Nachhaltigkeit.

Dann gibt’s viele Käferbohnen?
Zum Beispiel!

Sie sind mehr oder weniger überall auf dem Planeten gewesen, sodass Sie auf den einen oder anderen Flug in Zukunft verzichten werden?
Das Schlimmste, was man mir antun könnte, wäre das „Festgemacht sein“ an einem Ort. Ich verzichte auf vieles, ich kaufe am Markt, ich kaufe Vintage, aber das Reisen …. Darauf werde ich nicht verzichten können, das ist ein Teil von mir.

Nun wurden Sie angefragt, den Opernball zu organisieren. Wie oft waren Sie schon dort?
Nie. Und ich habe ihn mir noch nicht einmal im Fernsehen angeschaut

Weil Sie im Februar nie hier waren?
Genau! Ich wurde angerufen, wir hatten zwei sehr nette Zoom-Calls im September, dann dachte ich: Das ist sicher einer der tollsten Events, eine Location, in die man normalerweise nie rein kommt, im Burgtheater war ich im Rahmen des Liveballs schon, und ich bin ein großer Fan der 50er Jahre, wie man sieht. Es gibt in der Oper wunderschöne Räume, da hab ich mir gedacht: Wie lässig! Ich kann dem Ball vielleicht ein neues Gesicht verpassen.

Sie werden ein paar Mid Century Möbel reinstellen ….
Die stehen schon drin! A la longue geht es darum, dem Opernball ein homogenes, schönes Gesicht zu verpassen und ihn zurückzuführen zu dem, was der Ball einmal war: Ein stilvolles Ereignis mit und für Menschen, die den gewissen Stil mitbringen.

Ich als Amateur würde sagen: Ein paar Blumen aufhängen, die Sessel raus räumen, und mehr ist nicht zu tun.
Naja, die Blumen sind natürlich das, was man im Fernsehen am stärksten sieht, die sind extrem wichtig, Blumen sind immer wichtig. Aber es gibt ganz viele Räume, die gestaltet werden müssen, die keiner sieht, da kann man Raum-in-Raum-Konzepte machen, es gibt eine Disco, einen Heurigen, einen Club, einen Salon, einen Würstelstand, eine Bar.

Musikmäßig kann man auch nicht viel machen, weil eh immer die Philharmoniker spielen.
Das aber nur im Hauptraum. In all den anderen Räumen haben wir auch eine musikalische Bespielung, und dort kann ich mich einbringen.

Sie machen es mit drei Kolleginnen. Zu viele Köchinnen verderben den Brei?
Überhaupt nicht! Die Köchinnen decken vier völlig unterschiedliche Bereiche ab, und das Schöne ist, dass wir alle in dem, was wir machen, besonders gut sind! Die Katha Schinkinger zum Beispiel kümmert sich um den Freundeskreis der Oper und um die Kommunikation zu den Donatoren, und darum, dass der Ball vielleicht ein bisschen mehr inklusiv wird und jungen Menschen die Angst vor der Oper genommen wird, die Oper soll für alle da sein.

Man sprach im Vorfeld von prognostiziertem Zickenkrieg.
Lustig, ja. Nein, eigentlich traurig, weil wenn das vier Männer machen würden, würde keiner von einem vorprogrammierten Gockelkrieg reden. Ich hab nicht einmal in meinem normalen Leben einen Zickenkrieg gehabt, ich bin eine Frau, die weiß, was sie kann, und die ihren Job hervorragend macht, so wie die anderen drei auch.

Der Chef steht hinter euch?
Der ist ja quasi das fünfte Mitglied unserer Runde, unsere Anlaufstelle, der Kopf, der Entscheidungsträger. Er hat einen totalen Zugang zum Thema, er möchte einen schönen Ball machen, so wie er früher mal war. Auf diese Aufgabe freue ich mich unglaublich.

Dafür bräuchten Sie stilvolle Paare wie Richard Burton und Liz Taylor. Was machen Sie mit dem Richie Lugner?
Der gehört zum Opernball dazu! Wenn wir von Inklusion reden, warum sollte er nicht dabei sein?

Reiche Asiatinnen sieht man schon genug, was könnte man noch tun? Eine afrikanische Fußballerinnenmannschaft einladen, die Ballett tanzt?
Gute Idee!

Abschließende Frage: Können Sie mir eine Karte be­sorgen?
Der Ball ist ausverkauft!

 Maryam Yeganehfar
wurde 1976 in Teheran geboren und wuchs in Wien auf. 2000 schloss sie ihr Management- und Marketing-Studium mit dem Abschluss Bachelor of Arts an der Webster University St. Louis ab. Im Anschluss daran arbeitete sie zwei Jahre in der Medien- und Künstleragentur William Morris in Los Angeles, im März 2008 machte sie sich mit der Eventagentur yamyam event produktion in Wien selbstständig. Seit 2013 unterrichtet sie außerdem Eventdesign und Eventmanagement an der New Design University in St. Pölten und seit Februar 2020 an der FH der WKW in Wien. Infos unter www.yamyam.at