AKUT

Zeynei die wunderbare Barkeeperin im Amacord

Amacord – Ein Kozel mit Liebe

Manfred Sax

In Zeiten, in denen sich alle Dinge ständig drastisch ­ändern, brauchst du einen Ort, der sich nie ändert und sich safe anfühlt. Es ist spät ­geworden im Amacord in Wien 4.

Text: Manfred Sax / Foto: Christina Noélle

Es ist Mitternacht, und im Amacord an der Wienzeile in Wien 4 ist gerade was los, also: relativ. Aus einem Lautsprecher tönt diskret die übliche Musik, die du nicht kennst, aber an was erinnert, an der Bar steht eine nette Brünette, die dich an eine Influencerin namens Madeleine erinnert, über die was im WIENER stand, und sie schildert wortreich den üblichen Blumenverkäufer an, der um diese Zeit ins Lokal gerät. „Rosen“, sagt sie, „sind eh nett. Aber warum nur Rosen, es gibt ja so viele Blumen. Und warum nur rote Rosen, es gibt ja so viele Farben, und hinter allen steckt eine Psychologie und …“ so weiter. Mittlerweile weißt du, warum sie dich an eine ­Influencerin namens Madeleine ­erinnert, sie ist jene Influencerin ­namens Madeleine. Der Blumenverkäufer sieht mittlerweile aus, als könnte er einen Drink vertragen, das erinnert dich daran, dass dies nie eine schlechte Idee ist, also drehst du dich Richtung Bar, dort legt gerade Zeynei los, eine Erscheinung, die dich an was erinnert, es hat mit Zeiten zu tun, die jedenfalls nicht so ­aggro-geladen sind wie die Gegenwart. Fortsetzung folgt.

Das Amacord also. Hier erinnert sich jemand gern an Italien. Ja, sagt Dieta Eder, Chefin des Hauses, „ich liebe Italien, und erinnere mich nicht nur gern, hier geht es um die Koppelung von amare und ricordare, also sich liebend gern erinnern.“ Dieta hat das Lokal am 13.5. 1987 eröffnet (1), den Tag vergisst sie nie. Wer dabei war, erinnert sich auch, dass sie eine weibliche Dreifaltigkeit komplettierte, die dieses Schleifmühlgassen-„Grätzel“ prägte, gemeinsam mit der Xenon-Christa und der Flieger-Hitti. Aber zurück in die Gegenwart. In Zeiten, in denen sich Alltag und Haltungen und Gewohnheiten drastisch ändern, und Emotionen außer Kontrolle geraten, brauchst du ganz einfach einen Ort, der safe ist und sich nie ändert, einen Platz, der wie ein verlängertes Wohnzimmer rüberkommt. Das war auch das Konzept hinter Amacord, und wer das Lokal vom ersten Tag an kennt, kann sich nicht erinnern, dass sich irgendwas geändert hat. Bereichert, das schon. Sohn David, zum Beispiel, der war quasi gottgewollt. Und natürlich Zeyney, „die hat uns der Himmel geschickt“, sagt Dieta. Es ist mittlerweile spät geworden, die Influencerin namens Madeleine ist nicht mehr da, der Blumenverkäufer sowieso nicht, und soweit ich erinnere, hat Zeynei mir ein Krügel hingestellt und gesagt, „Hier ist dein mit ­Liebe serviertes Kozel“.

O Himmel.

Zeynei die wunderbare Barkeeperin im Amacord
Zeynei, die Barkeeperin des Amacord an ihrem Arbeitsplatz

(1) Natürlich hat Dieta das ganze erforderliche Name-Dropping absolviert, wer da mitgearbeitet hat und wem was zu verdanken ist, aber wie gesagt, es war Mitternacht, da braucht es nur ein paar Tequilas und schon hat es sich mit der Erinnerung.