AKUT
Spielt das sterbende Gehirn einen letzten Film?
Stell dir vor, dein Körper ist bereits des Mauses, aber dein Gehirn legt noch einen Film über dein Leben ein – ist das nicht tröstlich? Nach dem zufälligen Scan eines sterbenden Gehirns legen Neurologen nahe, dass dem tatsächlich so ist.
Text: Manfred Sax / Fotos: Frontiersin
Sie nennen es „Last Recall“ – und meinen ein letztes großes Abenteuer: einen sekundenlangen Film über dein Leben. Dein Körper ging gerade hinüber, das Gehirn hat sich bereits der körperlichen Hülle entledigt, ist aber noch vital genug, um ein paar Oszillationen (Hirnströme) nachzuschießen. Neurologen sind nun überzeugt, dass es sich dabei um einen sogenannten „Rückruf ins Leben“ handelt. Reale Basis für diese Theorie war ein Experiment von Forschern der Universität Tartu, Estland, das von einem „ungeplanten“ Herzinfarkt einer Versuchsperson heimgesucht wurde. Ein 87-jähriger Patient, der an Epilepsie litt, war zwecks Erkennen von Anfällen an ein EEG-Gerät angeschlossen, als er unvermutet starb.
Das einerseits tragische Ereignis erlaubte andererseits der Wissenschaft erstmals, die Aktivität eines sterbenden Gehirns zu protokollieren. 900 gehirnaktive Sekunden wurden gemessen, wodurch die Forscher imstande waren, die Geschehnisse in den 30 Sekunden vor und nach dem Herzstillstand zu studieren. Insbesondere die Gamma-Ströme des Gehirns lieferten großes Kino, für die Forscher ein großer Aufreger, weil Gamma-Oszillationen mit Rückholung von Erinnerung in Zusammenhang stehen. Also meint der Neurologe Dr. Ajmal Zemmar, Organisator der Studie: „Das kann bedeuten, dass das Gehirn im Moment des Todes einen Rückruf wichtiger Momente des Lebens inszeniert, ähnlich den häufigen Berichten von Nahtoderfahrungen.“ Wenn das nicht tröstlich ist …
● Quelle: Frontiers in Aging Neuroscience,
https://bit.ly/3LUXLL7