Men of Stil

Der Mann mit der roten Jacke

Christian Jandrisits

… ist Heini Staudinger. Nicht erst im Wahlkampf um das Amt des Bundespräsidenten wurde sie zum „Signature Piece“. Sie ­begleitet den „Gea-Waldviertler“-Unternehmer seit Jahren bei ­öffentlichen Auftritten und der Suche nach neuen Möglichkeiten und Alternativen im Kampf gegen den Klimawandel.

Text und Redaktion: Alex Pisecker/Fotos: Maximilian Lottman, ZALANDO

Personal

Heini Staudinger wurde am 5. April 1953 in Vöcklabruck, OÖ, geboren. Das Gym absolvierte er in einem katholischen ­Internat in Linz. Nach einer Aussage von Papst Johannes XXIII, die Fenster zur Welt zu öffnen, nahm man das dort wörtlich und der Geist der 68er zog mit Freiheit, Vertrauen und ein bissl Anarchie in die klerikalen Gemäuer. Nach der Matura nahm Heini gemein­sam mit einem Freund einen Job bei der Olym­piade in München 1972 an und verdiente dort als Nachtwächter gutes Geld. Damit kauften die beiden Mopeds, mit denen sie von Linz nach Tansania gurkten, was ein halbes Jahr in Anspruch nahm. Am Zielort gab Staudingers Moped endgültig den Geist auf. Nach 3 Monaten in Tansania checkte er einen Flug nach London und von dort ging es mit einigen Tricks die Rückfahrt betreffend zurück nach Wien, wo das Medizinstudium wartete und mit einer verpatzten Pathologieprüfung wieder endete. Danach etablierte Staudinger eine dänische Schuhmarke in Österreich, brachte sich anschließend bei der Waldviertler Schuhwerkstatt ein, die ­später zu Gea-Waldviertler wurde, wo er heute die Geschäfte führt. Die Firma ­umfasst die Schuhmanufaktur, den Möbelbau, Seminarräume, ein Wirtshaus und ein Hotel.

Was hat es mit der roten Jacke auf sich?
Die hat mir eine Freundin vor 25 Jahren geschenkt und ich hatte sie damals schon sehr häufig an, drum ist sie auch schon recht geflickt. Auch bei öffentlichen Auftritten während des FMA Konflikts, den ich letztendlich zu meinen Gunsten durchfechten konnte. Man warf mir vor, illegale Geschäfte zu tätigen, da ich mir Geld für mein Unternehmen nicht von der Bank, sondern von Privatpersonen borgte. Ich war zu diesem Zeitpunkt Dauergast in den Medien, auch damals trug ich schon die rote Jacke.

Was trägt Heini Staudinger: Rote Jacke: Diesel circa 1997, Hemd: Second Hand, Jeans: Frisco, Schuhe: Eigenproduktion


Wie wurdest du Schuhfabrikant?
Nachdem ich das Medizinstudium an den Nagel gehängt hatte, traf ich einen Freund, der gerade von einem Shopping Trip in München zurückkehrte. Mir fielen seine Schuhe auf, bis dahin hatte ich mich noch nie dafür interessiert. Es handelte sich um Earth Shoes aus Dänemark. Also autostoppte ich dorthin, wurde vorstellig und schrieb eine Order über 300.000 Schilling. Zurück in Wien, radelte ich durch den 8. Bezirk, fand in der Lange Gasse ein Geschäftslokal und gestaltete es mit Freunden und Möbeln vom Altwarenhändler um. Unter meinen Freunden zog ich ein „Fundraising mit Rückzahlung“ auf. Es folgte die Generalvertretung für Österreich, alles lief wunderbar, bis eines Tages ein Ami hereinspazierte und mir mitteilte, ich müsse ab sofort Lizenzgebühren an ihn zahlen. Zu dieser Zeit (1984) gab es sehr viele Arbeitslose im Waldviertel. Die „Waldvierteler Schuhwerkstatt“ gehörte zu einem selbstverwaltenden Betrieb, einer Initiative des damaligen Sozialminister Dallinger. Ich wurde 1991 Mitbesitzer und übernahm 1994 die Geschäftsführung. Heute beschäftigen wir insgesamt 350 Menschen und betreiben 30 GEA Läden.


Worauf begründet sich Dein Nachhaltigkeitsbewusstsein?
Sozialökologische Themen waren mir immer schon sehr wichtig, und nachdem wir unsere Schuhe hier im Waldviertel, sowie in Ungarn und Tschechien (teil-)produzieren, war klar, dass wir das Rennen nicht über den Preis gewinnen können. Einzig und allein Qualität, die fängt bereits beim Rohmaterial an, aber auch ausge­zeichnete Verarbeitung und Reparaturfähigkeit, was eine Langlebigkeit des Produkts voraussetzt, entwickelten sich zum Schlüssel für eine nachhaltige Produktion.


Gibt es soziale Projekte in Deinem Unternehmen?
Unsere Mitarbeiter arbeiten in der Woche 40 Stunden ausdauernd, sorgfältig und beinah fehlerfrei. Vor einigen Jahren traf ich einen Bauern aus der Umgebung, der auf seinem Hof Bio-Freilandeier anbot. Im Gespräch fand ich heraus, dass er diesen Geschäftszweig einstellen wollte. Ich bot ihm an, wöchentlich 300 Eier abzuneh­men. Die gehen seit damals jede Woche an meine Mitarbeiter in einem Körbchen zusätzlich mit Biogemüse und Biokäse. Wir veranstalten natürlich ein großes Sommerfest und hin und wieder laden wir Bands ein, die für die Belegschaft musizieren. Durch unsere Aktion „Schuhspende“ konnten schon über 15.000 Paar Schuhe an Bedürftige und Flüchtlinge in Krisengebieten vergeben werden.
gea-waldviertler.at