Men of Stil

Der Herr Krisenkommunikations­profi

Stefan Ratzenberger, übrigens über sieben Ecken mit dem 1994 in Imola verstorbenen Formel-1-Piloten Roland Ratzenberger verwandt, gilt als das Sprachrohr der österreichischen Gastronomie.

Interview: Alex Pisecker, Foto: Maximilian Lottmann

Welchen Stellenwert hat Kleidung in deinem Leben?
Ich finde, man kann das mit der Kommunikation ver­gleichen: Der erste Eindruck wird immer durch Kleidung vermittelt, noch bevor verbale Kommunikation stattfindet. Wir definieren uns über die Kleidung. Sie ist ein Ausdruck unserer Wertschätzung des Gegenübers.

Woran orientierst du dich modisch?
Sicher nicht an Trends oder Marken. Darauf lege ich keinen Wert. Ich würde es mit Wein vergleichen – er schmeckt mir oder nicht. Also, ich finde ein Kleidungsstück schön oder eben nicht. Der Wohlfühlfaktor ist wichtig. Ich habe Sakkos, die sind 20 Jahre alt, aber wenn die Qualität stimmt, gibt es keinen Grund zur Entsorgung. Corona zeigt uns das. Außerdem hat Corona die Menschen kreativ gemacht, speziell kleine Unternehmer, siehe neue Onlineshops. Plötzlich entdeckt man, was es in unmittelbarer Umgebung alles gibt.

Hast du einen Signature-Look?
Meine Stecktücher. Bei einer Ministerratssitzung – die meisten waren immer mit Krawatte ausstaffiert, ich trug nie eine, dafür aber immer Stecktuch – kam der damalige SPÖ-Klubobmann Cap auf mich zu und machte mir ein Kompliment zu diesem Look. Bei der nächsten Sitzung schenkte er mir ein rotes Stecktuch.

Welche Eigenschaften muss Kleidung erfüllen?
Die Qualität muss stimmen, sie muss authentisch wirken, und man muss sich in ihr wohlfühlen. Kleidung stellt für mich eine Art zweite Haut dar.

Ist Nachhaltigkeit in Materialien und Produktion ein Thema für dich? Und fühlst du dich in dieser Hinsicht ausreichend informiert?
Es ist ein bisschen eine Augenauswischerei. Früher gab es noch kleine Boutiquen oder Herrenausstatter, jetzt dominieren und definieren Modekonzerne die Branche. Die Produktionsketten sind fast nicht nachzuvollziehen, und es gibt auch keine umfassenden Zertifikate. Ich bin der Meinung, dass es hier natürlich auch um Leistbarkeit geht.

Wie hat sich die Corona-Plage auf deine Modegewohnheiten ausgewirkt?
MNS-Masken sind ein neues Statement. Aus anfänglichen Videokonferenzen wurden Telefonkonferenzen, und so wurde es in jedem Homeoffice bequemer und einfach den Umständen angepasst. Aber durch Corona haben wir auch wieder mehr zu den wesentlichen Werten zurückgefunden. Was auch ein unglaubliche Chance für die heimische ­Wirtschaft ist.

Jeans: Pepe, Sakko: John Henric, Hemd: Venturini, Manschettenknöpfe: Juwelier Wagner, Uhr: Omega „Seamaster“, Sonnenbrille: VIU, Stecktuch, MNS-Maske und Halsband von Labrador Karhu: Paulis Made in Vienna

Personal
Stefan Ratzenberger wurde 1975 in Wiener Neustadt geboren. Er besuchte das Sacré Coeur in Pressbaum, wo er auch maturierte. Nach abgeleistetem Präsenzdienst entschloss er sich, eine Ausbildung zum Offizier zu absolvieren. Ein Jobangebot in der Pressestelle des Verteidigungsministeriums nahm Ratzenberger sofort an. Von da an ging es rasant bergauf: Pressesprecher für drei NATO-Generäle. Aufenthalte im Balkan-Hauptquartier der NATO und der EU. Organisation von internationalen Pressekonferenzen. Enge Zusammenarbeit mit BBC, CNN und anderen Medien. Bilaterale Krisenkommunikation. Nach fünf Jahren im Ausland kehrte Ratzenberger 2006 nach Wien zurück, Österreich hatte gerade die EU-Ratspräsidentschaft übernommen. Er nahm eine Stelle im Büro der ebenfalls dem Verteidigungsministerium zugeordneten „Direktion für Sicherheitspolitik“ an. Auf Grund seiner auffallend kompetenten Performance wurde Ratzenberger zum jüngsten Adjutanten und Pressesprecher des Generalstabschefs Roland Ertl. Ende 2007 verließ Stefan Ratzenberger das Verteidigungsministerium. Er übernahm für drei Jahre die Agenden als Unternehmenssprecher eines internationalen Konzerns. Danach erfolgte nochmals ein kurzer Abstecher in die österreichische Innenpolitik als Ministersprecher. 2012 entschloss sich Ratzenberger gemeinsam mit seinem Mann Daniel Millonig, die PR- und Kommunikationsagentur danberg&danberg zu gründen. Das Portfolio zieht sich durch sämtliche Branchen. Seit 2018 legt man jedoch einen Schwerpunkt auf Gastronomie, Hotellerie und Tourismus.
So kam es auch, dass Ratzenberger zum Sprecher der Gastronomie berufen wurde. Hier sieht er seine Aufgabe hauptsächlich darin, zwischen Politik und Gastronomen zu vermitteln und diese medial zu vertreten. Sei es beim Thema Nichtraucherschutzgesetz oder jetzt während der Covid-19-Krise. Ratzenberger hat auf Grund seiner Verbindungen die Möglichkeit, Gastronomie und Politik an einen Tisch zu bringen. Wie erst unlängst, als Vertreter der Nacht-Gastro mit Gesundheitsminister Anschober in einer Videokonferenz ­gemeinsam und lösungsorientiert die momentane Problematik diskutierten.