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THELL – 3 ist eine magische Zahl

Christian Jandrisits

Dreierjahre haben immer was Entscheidendes, sagt Gastronom Tom Sampl. 1973 gründete der unvergessene Franz Thell das „Motto“, Wiener Szenelokal der ersten Stunde. 2003 begann Sampl dort zu arbeiten, um es 2013 zu übernehmen. Mit Anfang 2023 hat sich vieles, dann auch wieder kaum was verändert: ­Willkommen im Thell, the Lifestyle Formerly Known as ­Motto.

Fotos: Michael M. Mayr 

Zum Beispiel 1973, das Jahr, als David Bowies denkwürdige Worte über Identität in Umlauf gerieten, wenn auch anfangs nur bei den Kreaturen der Nacht: „Lass dir von niemandem sagen, wie du zu sein hast. Du bist okay, so, wie du bist.“ 1973 war auch das Jahr, als an einer unscheinbaren Ecke der Wiener Schönbrunner Straße das Lokal „Motto“ eröffnet wurde. Seinem Mastermind Franz Thell schwebte in der Tat vor, einen Ort zu schaffen, in dem jeder so sein durfte, wie er wollte, erinnert Tom Sampl: „Franz wollte dem grauen Wien eigentlich eine Schwulenbar schenken, mit Blumen und Deko und feschen Kellnern. Nur kamen dann so viele Künstler und Party People, es wurde ein riesiger Event-Club. Das Motto war eine diskrete Insel, abgeschottet nach außen mit Milchglas. Deshalb kamen Madonna und Tina Turner und all die Stars hierher.“

Willkommen im Thell, the Lifestyle Formerly Known as Motto. 

Ab 2003 bekam ein junger Tom Sampl diese Szene als Insider mit. Er war nun einer dieser feschen Kellner, engagiert vom Gastronomen Bernd Schlacher, der das Lokal 1991 übernommen hatte. Besondere Vorkommnisse: Das Motto blieb einer der raren Orte, wo man hingehen konnte. Und dann kam 2013, ein Schicksalsjahr. Am 13. Februar starb Franz Thell, der originale Szenewirt; ein Mentor, der für Sampl immer Zeit hatte. Wenig später machte Schlacher ein Angebot: ob Sampl das Motto kaufen wolle? Ein kritischer Zeitpunkt, lacht Sampl: „Ich hatte eine Reise nach Südamerika geplant, wollte Österreich einmal hinter mir lassen, hab Wohnung abgegeben und alles verkauft. Und einen Tag vor Abreise sagt er mir, dass er mir das Lokal verkaufen will. Ich bin dann mit Rucksack und Vespa via Korsika nach Madrid gereist. Das dauerte zwei Monate und war die von mir erbetene Bedenkzeit.“

Thell, Tom Sampl, Foto: Peter M. Mayr

Spätestens nach diesen Dramen war dem Sohn eines Salzburger Gastronomen klar, dass es mit der Ziffer „3“ besondere Bewandtnis habe: „1973, 2003, 2013 und so weiter – die Dreierjahre brachten immer irgendwas Entscheidendes.“ (Sampl). Warum sollte es 2023 anders sein? Na eben. Seit Anfang des Jahres heißt das Motto nunmehr „Thell“, für viele überraschend, für Sampl aber logische Konsequenz: „Mit Motto haben wir eigentlich seit zehn Jahren nichts mehr zu tun, um­so mehr, als inzwischen so viele Mottos entstanden sind. (Schlachers Gastro-Imperium „Motto Group“, mit Motto am Fluss u.a.m., Anm.) Wir wollten uns emanzipieren.“ Der Punkt war, dass durch die Existenz mehrerer Mottos dieses eine, das originale Motto, seine Einzigartigkeit verlor. Diese hat es nun wieder, nämlich im Geist seines legendären Erfinders. Die Covid-Jahre sind überstanden, „die Partys sind fast exzes­siver“ (Sampl). Nach cooler Renovierung präsentiert sich das Thell mit der sprichwörtlichen neuen Haut für das alte Zeremoniell. Willkommen im Thell, the Lifestyle Formerly Known as Motto. 

Info. Thell, Schönbrunnerstraße 30/Rüdigergasse 1, 1050 Wien, 18:00 h – 02:00 h (Fr. & Sa. 18:00 h – 04:00 h), www.thell.restaurant