KULTUR
15 Jahre SUPERFLY
… 15 Jahre länger als alle gedacht haben. Niemand gab anno 2008 dem neuen Wiener Radiosender Superfly.fm eine Chance. Nun, 15 Jahre später, schreibt man längst schwarze Zahlen und greift nach neuen Frequenzen.
Text: Franz J. Sauer/Fotos: SUPERFLY
Am Anfang war Musik. Wir sprechen von den frühen Neunzigern. Heinz Tronigger, Exil-Kärntner und Musikfanat mit fetter Plattensammlung feierte gern mit Freunden die Vorliebe für Soul und Jazz, zuerst bei sich daheim – als die kleine Garconniere in Wien 17 zu klein wird wandert man zunächst ins Café Bauernfeld aus und dann bald ins Schutzhaus auf der Schmelz. Die Freunde werden immer mehr, und weil das Verköstigen von Soulfans, die man nicht mal kennt, gar nicht mal so billig ist, wurde irgendwann mal Eintritt verlangt. Der Sunshine Club war geboren.
Wir drücken an dieser Stelle die Fast-Forward-Taste. Weil der Heinzi lieber auflegt und mit Freunden trinkt, als an der Tür zu stehen, zu kassieren und sich ums Business kümmern, stoßen Menschen wie Georg Tomandl und Matthias Kamp zur Truppe.
Die Clubs übersiedeln öfters, zunächst in die Rosenhügel-Studios (1995), dann ins Casino Baumgarten (1997), schließlich in die Meierei am Stadtpark (ab 1998). Zwischendrin herrschte plötzlich Bedarf einer Firmengründung, weil man von der Stadt den Zuschlag für ein (letztlich nie realisiertes) Musikuniversum in einem stillgelegten U-Bahn-Tunnel bekam. Und wo die Firma schon mal gegründet war, stand auch weiterem Wachstum nichts mehr im Wege.
Ein Label wurde gegründet, das Studio (betrieben von Tomandl) gab es ja schon. Und als die Meierei von der Stadt weitergegeben wurde, kam mit der Babenberger Passage der erste Super-Club der Stadt zur Familie. Sorgte für Einnahmen, Liquidität und eine solide Firmensituation. Was fehlte da also noch zum 360 Grad Musikunternehmen? Richtig: Ein Radiosender.
Dass so ziemlich alle Protagonisten der Sunshine-Erfolgsgeschichte DJ-Pult-Erfahrung haben verleiht der Sache die nötige Kredibilität. Auch im Studio kann man jederzeit auf Live-Turntable-Betrieb umstellen.
Nun sind wir also im Jahr 2008 angekommen. Die Stadt Wien schreibt kurz, nachdem die Sunshiner (Kamp und Tronigger minus Tomandl plus Benji Loudon und der mittlerweile vom DJ-Pult des Nachts ins Büro tagsüber gewechselten Gerald Travnicek und Thomas Mair) draufkamen, was ihnen fehlte, eine öffentliche Radiofrequenz aus. Wie schon einst beim Tunnel sticht man die hochkarätige Konkurrenz mit einem glaubwürdigen Konzept voller Schmalz und Credibility aus, die man mit erfolgreichen Club-Konzepten belegen kann. Nicht nur die unterlegenen, auch viele andere Unken prophezeien dem Vorhaben einen baldigen Untergang: Zu lange und zu apodiktisch hatten uns das große Hitradio und seine vielen, kleinen Nachfolgerchens damit infiltriert, dass nur rostfreies Formatradio funktioniert, weil das einfach das ist, was der Hörer hören will und Punkt.
Eine These, der die Eigentümer Kamp und Tronigger bereits 2008 im Antritts-WIENER-Interview zum Senderstart widersprachen: „Mit dem Radio wollen wir Leute gewinnen, die einerseits musikaffin sind und es andererseits satt haben, nur Hits zu hören und trivialst angeredet zu werden. Wir machen eine Moderation, wo mit den Hörern auf Augenhöhe kommuniziert wird, und das Ganze in nettem Deutsch.“ Und: „Sunshine ist seit 15 Jahren der Beweis dafür, wie man auf der einen Seite kommerzielle Dinge erreichen, auf der anderen Seite aber auch die Leute „missionieren“ kann. Aber nur wen du ereichst, kannst Du missionieren – also musst du zunächst für Reichweite sorgen.“
Der 29. Februar 2008 war nicht nur ein Schalttag sondern auch Einschalttag. Der Sender 98,3 Superfly ging on Air. Zuerst nur mit Musik, dann bald mit Werbung und Musik und schließlich ab wenig später mit einer Moderations- und Programmschiene. Die gespielte Musik blieb ab Stunde Null erfrischend anders als anderswo, kein Hitgewürmel und auch kein Dudelfunk werden geboten, sondern durchwegs durchdachte programmierte Musiken aus Soul, Funk, Jazz, gutem Pop bis hin zu eklektischer Elektronik in zeitgemäßem Gewand. Geschäftsführer Thomas Mair sieht vor allem in der musikalischen Credibility der handelnden Personen einen gewichtigen Grund für den anhaltenden Erfolg: „„Seit unserer Gründung vor 15 Jahren, haben wir konsequent das Superfly Programm weiterentwickelt, mit einem einzigartiges Team, das vorwiegend aus echten Musik Connaisseuren besteht, was wiederum die Superfly Community, die uns täglich hört, dabei motiviert, stetig dranzubleiben und nicht wegzuschalten.“ Dass einer wie Mair auch noch Wirtschaft studiert hat und nicht nur den Funk, hilft da natürlich auch nicht schlecht.
„…Leute, die es satt haben, nur Hits
KAMP & TRONIGGER, 2008
zu hören und
trivialst angeredet
zu werden.“
Seit einigen Jahren steht der Sender jedenfalls solide und gesund da, auch was Zahlen und Werbeschaltungen betrifft. Man hat keine Schulden, schuldet daher auch niemandem seltsame Gefallen. Und das Programm, von freundlichen wie sich mit dem Senderbild identifizierenden „Superfly-Stars“ á la Mimi Hie, Rudi Wrany, Johannes Rhomberg oder Preddy Tendergrass präsentiert, zaubert einem stets ein Lächeln aufs überarbeitete Gesicht, anders als anderswo die Grausbirnen. Die Banalität bleibt draußen, der Musikgeschmack wird mit entsprechendem Wissen (das man ja auch regelmäßig an die WIENER-Leser weitergibt) unterfüttert und am Wochenende stören nur die Werbeblocks beim reinen Musikgenuss.
Gefeiert wird der 15er nun noch bis in den Herbst hinein, unter anderem mit dem interessanten Experiment, die leibhaftige Superfly Morning-Show als „Late Night Morning Show mit Afterparty“ auf die Bühne der Kulisse Wien zu stellen (8.9. ab 20h) – die Infos dazu gibt es online unter
www.superfly.fm.