Im Gespräch: Alin Coen

„We’re Not the Ones We Thought We Were“ heißt das neue Album der Alin Coen Band. Wir baten zum Gespräch.

(c) Tristan Vostry (c) Tristan Vostry

We’re Not The Ones We Thought We Were“ heißt das aktuelle Album der Alin Coen Band, die durch ihre Auftritte bei TV Noir, Inas Nacht sowie der Teilnahme an Stefan Raabs Bundesvision Songcontest schon in größerem Rahmen auf sich aufmerksam gemacht haben. Gerade ist die Band rund um die charismatische Sängerin, Songschreiberin und Bandchefin Alin Coen für zwei ausverkaufte Wienkonzerte in der Stadt, Markus Brandstetter bat sie zum Gespräch auf die Dachterasse des 25 Hours Hotels.

Alin, euer neues Album „We’re Not the Ones We Thought We Were ist ein Bandalbum geworden, im Gegensatz zu deinem Debüt „Wer Bist Du“. Erzähl ein wenig darüber.

Beim ersten Album ist es so gewesen, dass ich viele Lieder schon geschrieben hatte, und damit in den Proberaum ging, um zu sehen, wie wir sie arrangieren können. 2008 haben wir beim Popcamp mitgemacht, und da hatten wir als Band zum ersten Mal soviel Zeit miteinander, dass wir gucken konnten, wie das so ist, wenn wir zusammen spielen ohne eine Vorgabe zu haben. Auf dem ersten Album ist auf diese Art und Weise schon ein Lied entstanden, und diese Art zu arbeiten hat uns allen sehr zugesagt. Da sind inteerssante Sachen enstanden, und so haben wir uns eben vorgenommen, ein Album einmal auf diese Weise zu machen: dass wir als Band die Musik schreiben, und ich mir hinterher die Musik nahm – fertige Melodien, fertige Arrangements – und nur noch Texte draufsetzte. Auf diese Art und Weise ist der musikalische Background, den jeder einzelne eben mitbringt, mit eingeflossen, und es ist so eine andere Musikrichtung entstanden. Das erste Album ging ja eher in die Richtung Singer/Songwriter, Folk oder Akustikpop – dieses hat eine gewisse musikalische Tiefe, eine düstere Seite. Auch viel Sphäre, wir mögen dieses verträumte, weite Ding. Es ist definitiv viel poppiger als das erste, orchestraler. Das erste ist sehr reduziert und spartanisch, dieses Mal haben wir uns einfach sehr in Klänge verliebt.

Wie war dieser neue Arbeitsprozess für dich?

Es war etwas, das ich selber wollte – weil ich es einfach so schön fand. Für mich ist es enorm inspirierend, auf das einzugehen, was die Band liefert. Man hat auf jeden Fall Konfliktpunkte, aber die ergeben sich auch, wenn man mit bereits fertigen Nummern reingeht. Ich habe nie eine Vorproduktion gemacht und gesagt, was jeder spielen soll – ich habe eher gesagt „denk dir mal was aus, was dazu passt“. Dieses Mal hatte ich einen ebenbürtigen Teil, eben wie jeder aus der Band, und habe nicht mehr so komplett die Oberhand gehabt. Es gab eine Zeit lang tatsächlich eine Art Konflikt zwischen uns, weil wir nicht mehr wussten, wer jetzt das sagen hat. Da mussten wir uns hinsetzen, uns aussprechen, und haben beschlossen, dass es doch so ist, dass ich das letzte Wort haben darf, dass ich die Bandleaderin bin. Durch diesen Entstehungsprozess gab es aber Unklarheit, weil ja jeder etwas eingebracht hat, jeder bringt ja sein Künstlerego mit. Und im Moment wo jeder viel dazu beiträgt, dass da Musik entsteht, will natürlich jeder seinen Willen durchsetzen, aber das ist natürlich schwierig. Da noch einen roten Faden zu behalten: das löst manchmal Spannung aus. Als wir aber beschlossen haben, dass einer – oder in unserem Fall eben eine – die Hosen anhaben muss und sagen, wo es lang geht, hat’s gepasst.

(c) Tristan Vostry (c) Tristan Vostry

Demokratisch bis zu einem gewissen Grad.

Ja. Sonst verliert man sich. Das war eine Sache, die ich bemerkt habe, als wir begonnen haben, unser zweites Album aufzunehmen. Wir hatten anfangs keinen Produzenten, gingen einfach ins Studio und dachten, wir wissen selbst genau wie das klingen muss. Da ist mir das aufgefallen: in dem Moment, in dem man das tatsächlich konkretisiert, was man aufnehmen möchte, ist losgekommenen, wie verschieden wir die Lieder wahrnehmen und verschieden wir die haben wollen. Da habe ich gemerkt: mit dieser Demokratie verrennen wir uns. Da wurden zum Teil elf Stunden dafür aufgewändet, den Bassdrum-Sound einzustellen. Da hatte ich das Gefühl, wenn soviel Fokus auf solchen Details ist, wird jede kreative Energie gekillt. Man kann dann gar keine anderen Sachen mehr ausprobieren, weil man ewig braucht – das war der Moment, wo ich beschlossen habe, wir müssen jetzt einen Produzenten ins Boot holen. Wir haben dann mit Olaf Opal gearbeitet, der auch viel mit The Notwist gemacht hast. Bei ihm hatten wir das Gefühl, dass das jemand ist, dem wir unser Vertrauen schenken können. Der bringt einfach genug Autorität mit, ist aber für alle so zugänglich gewesen, dass wir uns alle auf ihn einigen konnten. Das war quasi unser kleinster gemeinsamer Nenner.

Gute Wahl, er ist ja auch eine Art stilles Mitglied bei Naked Lunch, kennst du die?

Kenne ich noch nicht, aber mir wurde gesagt dass das ’ne tolle Band ist. Muss ich mir unbedingt anhören.

Olaf Opal war wesentlich für die Entscheidungsfindung.

Genau, er brachte das rein, was wir nicht hinbekommen haben, da wir uns ja auf gleicher Ebene begegnet sind. Es war ein Hin- und Hergerissen sein, und jeder wollte seinen Willen durchsetzen. Da sagte er dann „Das ist doch alles Quatsch“ (lacht). Er war da manchmal wirklich total rigoros „Is doch Quatsch, euer Nerdquatsch!“. Er hat uns dann dazu gebracht, eine gemeinsame Lösung zu finden, mit der wir alle einverstanden sein konnten. Und er hat mich auch darin unterstützt, meinen Willen durchzusetzen. Das war ein heimlicher Floh, den er mir ins Ohr gesetzt hat: das einer entscheiden muss, die Leitung übernehmen muss – und dass ich das bin.