KULTUR

Das Wiener Ballsaison-Ersatzprogramm

Jakob Stantejsky

Heute ist die größte Angst des 87-jährigen Wieners Richard L. wahr geworden: Der Opernball findet im kommenden Jahr nicht statt! Damit reiht sich der bekannteste Ball Österreichs in eine lange Liste von Absagen ein, die der Wiener Ballsaison so ziemlich den Garaus machen. Doch der findige Ballgänger kann mit diesen Alternativen auch diesen Winter am … Ball bleiben.

Text: Jakob Stantejsky / Foto Header: Getty Images

Das Mörtel-Privatengagement
Seien wir uns ehrlich. Auch wenn wir alle die Augen verdrehen, wenn von ihm die Rede ist, der Lugner ist und bleibt die leiwandste Figur am Wiener Opernball. Rund 99,5 Prozent des Opernball-Charmes gehen von Richie aus – daher heißt es: Börserl plündern und den Mörtel zu sich nach Hause holen, quasi als Wohnzimmer-Event. Das Portemonnaie muss dabei nicht wegen der Gage des ohnehin schon stinkreichen Herrn Lugner seinen Inhalt preisgeben, sondern um ein standesgemäßes Streaming-Setup samt Kameracrew zu finanzieren. Denn Lugner ohne Publikum, das geht nicht. Wer genug Kleingeld übrig hat, kann sich auch noch Karl Hohenlohe und Christoph Wagner-Trenkwitz als Kommentatoren organisieren. Danach vermisst ihr den Opernball garantiert nicht mehr. Versprochen.

Foto: Getty Images

Im Frack zum Würstelstand
Wer nicht gar so viel Aufwand betreiben möchte, legt es ein paar Nummern kleiner an. Sprich: Man wirft sich in seinen Frack, knallt sich ordentlich die Birne weg und torkelt dann um vier Uhr morgens zum Innenstadt-Würstelstand seiner Wahl. Spätestens nach der zweiten Flasche Schnaps kann man den Unterschied zwischen Ball und sinnlosem Saufgelage eh nicht mehr erkennen. Die passende Garderobe verleiht die nötige Grazie und Erhabenheit, sodass man sich mitten in der weltberühmten Wiener Ballsaison wähnt. Und alle anderen halten einen für irre, was thematisch auch ausgezeichnet passt.


Linkswalzer extreme
Schaut euch mal das folgende Video an.

Na, habt ihr schon eine Idee, was wir meinen? Anstatt sich beim Linkswalzer zu verausgaben und massenweise Menschen auf die Zehen zu trampeln, besorgt ihr euch einfach ein Motorrad und begebt euch auf den Spielplatz eures Vertrauens. Mit diesem Setup dreht ihr euch nicht nur viel schneller und müheloser als jeder Tanzweltmeister, sondern könnt auch mit drei Promille noch eure volle Kreisel-Leistung abrufen. Social Distancing fällt auf der Drehscheibe auch deutlich leichter als bei der engen Tanzhaltung.


Akademikerball
Beim kontroversesten Ball Wiens ist – wie immer – alles ein bisschen anders. Denn auch wenn Traditionsbälle wie der Ärzteball, der Juristenball, der Ball der Offiziere, der Concordiaball und der Ball der Pharmacie schon resigniert und abgesagt haben, steht der 29. Jänner für die zweifelhafte Veranstaltung in der Hofburg noch. Doch das allein ist nicht der Grund, weshalb dieser Ball im Covid-Winter auf eurer Muss-Liste stehen sollte. Denn man kann fest davon ausgehen, dass die „Corona-Schikanen“ beim Akademikerball wegfallen. Denn dort gibt es das Virus einfach nicht. Zumindest laut der dortigen Klientel. Daher kann hier unbesorgt getanzt und gefeiert werden. Ein Extra-Bonus: Linkslinke Bazillen können sich ob der Corona-Maßnahmen nicht zum Protest versammeln, man kann sich daher völlig ungestört verlustieren.