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Hubert von Goisern – Der dritte Hubert

Als Achleitner schrieb er einen Roman, als „von Goisern“ macht er Hits. Dazwischen gab es mal kurz einen Hubert Sullivan. Der war auch okay. Eine Anekdote.

Foto: Getty Images

Eigentlich geht es hier um eine Muse. Sie hieß Syberl und residierte in der Hofmühlgasse in Wien 6. Dort war immer was los, die Zahl der Bewohner war fließend. Im Winter 1982/83 wohnte ich, vom (damaligen) Bombay kommend, dort mit – man kann es nicht anders nennen, wenn du bei Syberl warst, warst du zuhause. Die Wohnung war klein, aber es gab immer Platz, eine Kolumbianerin namens Yamile wohnte auch mit. Und schließlich klopfte es eines Abends an die Tür, und Syberl sagte: „Das muss Hubert sein, der wohnt grad hier.“ Außerdem hieß er Sullivan und war Musiker; das Geld lag noch, wenn überhaupt, dann im Hut auf der Straße, sagte er. Hubert war in gehobener Stimmung, er kam von der Staatsoper und begann, von den Tenören zu schwärmen – wie sie die Töne aus der Brust holen und so weiter. Syberl musste nicht lange locken, und er bot das, was er seinen „Pavarotti“ nannte. Er blähte Bauch und Brust und öffnete die Arme, und eine Arie wurde wahr, vermutlich Mozart, ich weiß es nicht mehr. Ich weiß nur, dass dieser Pavarotti genial war. Später griff Hubert zur Gitarre und sang das „Wildererlied“, Syberl dazu den Refrain („bevor i mid an Jager geh, loss i mein Leib und Söh …“), mit typisch überschwänglicher Inbrunst. Ich hatte meinen nagelneuen Sony Walkman Pro dabei und nahm das Lied auf. Ein ultimatives Juwel, ein akustisches Memento, Syberl absolutely live; sie ist schon lange tot. Das Wildererlied schaffte es Jahre später auf ein Album, dort hieß es „Wildschütz Räp“. Syberl war enttäuscht, „das hat er ja ordentlich verhunzt“, sagte sie. Aber mei, so gut drauf wie der Sullivan-­Hubert beim Hofmühlgassen-Gig ist man eben nicht alle Tage.


Info.
Hubert Achleitner liest aus seinem Roman „Flüchtig“; Lehartheater Bad Ischl, 19.30 Uhr, 9. 10. 2020; das geplante Konzert in Wien wurde verschoben. Angaben ohne Gewähr.