AKUT

Urkraft GERTI SENGER

Christian Jandrisits

Frau Prof. Dr. Gerti Senger sitzt im abgedunkelten Salon ihrer stattlichen Döblinger Villa, vorne raus Terrasse, hinten raus Balkon. 80 ist sie mittlerweile, aber immer noch emsig und interessiert an der Seele der Menschen, „wovon die Sexualität ein kleines Teilchen ausmacht“. Und furchtbar charmant ist sie ­natürlich auch immer noch.

Interview: Manfred Rebhandl Fotos: Peter M. Mayr Ort: Villa der Frau Professor Zeit: 15. Juni 2022, um 18 Uhr 

WIENER: Frau Senger, ich hab mir vorhin auf Youtube noch einmal angeschaut, wie Sie beim Phettberg in der Nette Leit Show zu Gast waren, dabei hab ich mich Hals über Kopf in Sie verliebt. Wie ging es Ihnen vor 26 Jahren am Höhepunkt Ihrer Karriere?

Gerti SENGER: (lacht) Danke, das ist sehr lieb. Wie es mir damals ging? Ich hab gar nicht kapiert, dass ich alle meine Chancen genutzt und dadurch so viel Erfolg hatte, durch meine Pionierarbeit in der Aufklärung, die vorher in Österreich niemand geleistet hat.

https://youtu.be/nIDqJQi2TGo
Das legendäre Interview/Hermes und Gerti

WIENER: Ihr außerordentlich gutes Aussehen trug gewiss zum Erfolg bei.

SENGER: Das war kein Nachteil, dass ich gut ausgeschaut habe, ­keine Frage, das war ein großes Geschenk.

Dr. Gerti Senger, Foto: Peter M. Mayr

WIENER: Heute würde man sagen, Sie waren – mit Verlaub – eine MILF. Wie war’s denn für Ihren Sohn, dass er so eine attraktive Mutter hatte, die noch dazu „Sexpertin“ war? Sind viele Schulkollegen von ihm „schauen“ gekommen?

SENGER: Wahrgenommen hab ich’s nicht, vielleicht war es so. Er sagt, es war nicht leicht für ihn, er wurde gehänselt. Ich hab natürlich gefunden, dass eh alles im grünen Bereich war. Der Ausdruck „Sexpertin“ hat mich aber immer furchtbar gestört. Ich bin vielleicht eine Seelenexpertin, und die Sexualität ist ein Mosaiksteinchen davon. 

WIENER: Was mich besonders anzog, war ihr sehr sinnliches Lachen.

SENGER: Danke, das nehme ich als Kompliment.

WIENER: Waren Sie denn ein glücklicher Mensch?

SENGER: Das ist eine große Frage. Sagen wir, ich bin jetzt glücklicher als früher. Ich bin in einer guten Beziehung, ich bin gesund, ich bin immer noch gefragt und nehme das nicht als Selbstverständlichkeit, bin dankbar und immer noch bescheiden. 

Dr. Gerti Senger, Foto: Peter M. Mayr

WIENER: Sie sind im Wien nach dem Krieg aufgewachsen. Hatten Sie immer genug Erdäpfel und Kraut, oder ging es ihnen wie den meisten heute, die sich die Spaghetti nicht mehr leisten können?

SENGER: (lacht) Ich hab genug zum Essen gehabt, daran hab ich nicht gelitten. Aber meine Mutter, die ja Jüdin war, musste teilweise als U-Boot leben, sodass ich nicht immer bei ihr sein konnte. Wie dann der Krieg vorüber war, haben uns Jahre gefehlt, und das hat mich als Kind oft bedrückt. Darum bin ich erst mit zunehmenden Jahren glücklicher geworden.

WIENER: Wer zieht einen als Kind mehr hinunter? Die dauerbeleidigte Mutter oder der schreiende Vater?

SENGER: Ich hab eine wahnsinnig starke Mutter erlebt, die alles, was in der Zeit schwierig war, geschafft hat, sie war immer ein großes Vorbild, ihre Stärke einerseits, ihre Anpassungsfähigkeit andererseits. Es gab keine Situation, in der sie, die vielleicht nicht die zärtlichste Mama war, nicht wusste, was zu tun ist. Ich glaub, das hab ich auch. 

WIENER: Gab’s hohe Erwartungen der Eltern an die Gerti?

SENGER: Oh ja, natürlich! Sicherheit! Meine Mutter hat mir mehrere berufliche Vorschläge gemacht, Bank, Apotheke, und war entsetzt, als ich dann in diese Richtung, die ihrer Meinung nach keine Sicherheit bot, ging. 

WIENER: Die kindlichen Doktorspiele waren bei Ihnen wohl so interessant, dass Sie sich gedacht haben: Ich mach was mit Sex.

SENGER: (lacht) Nein, das auch nicht. Aber was ich von Anfang an wollte, war schreiben. Meine Mutter hatte ja eine Zeitung, die hat geheißen „Wiener Wochenausgabe“ und hatte eine Kinderseite. Da hab ich damals, ich war vielleicht 12, hingeschrieben, dass ich die besser machen könnte. Die haben geschrieben: Komm! Aber damals hab ich mich noch nicht getraut. Dann hab ich 19jährig dasselbe beim Portisch vom Kurier gemacht. Zu dem bin ich gegangen und habe gesagt: Herr Doktor, ich möchte gerne schreiben. Hat er gesagt: Was haben Sie mir anzubieten? Habe ich gesagt: Ich habe Gedichte geschrieben. Sagt er: Und da kommen Sie zu mir? Das ist eine Tageszeitung! (lacht) Dass ich mich das überhaupt getraut habe! Die Gedichte waren in einem roten Lederbändchen und haben LEBEN geheißen. 

WIENER: Die Gedichte haben den Portisch kalt gelassen, aber Sie nicht?

SENGER: Er hat sich überhaupt nicht für mich interessiert. Er hat mich nur an der Hand genommen und in die Kulturabteilung geführt, dort hat er mich hingestellt und gesagt: Das ist ein Fall für Euch. Das war’s.

Dr. Gerti Senger, Foto: Peter M. Mayr

WIENER: Sie sind dann mit der Südbahn zum Studium gefahren. Warum ausgerechnet Klagenfurt?

SENGER: Ich hab ja die Maturaschule gemacht und bin in Mathematik nicht durchgekommen, dadurch war das mit dem Studium in Wien nicht möglich, in Klagenfurt aber schon. Und das war großartig, ich hab alles im Zug gemacht, gelernt, geschrieben, es war eine ­Uterussituation in einem Abteil
für mich alleine, wo man mit Journalistenausweis noch Erste Klasse fahren konnte, da hab ich mich ausgebreitet.

WIENER: Waren Sie eine brave Studentin, oder schon ein bisserl in Richtung Studentinnen-Filme, die es dann bald gab?

SENGER: Im Gegensatz zu meiner Zeit als Schülerin, in der ich furcht­bar war, war ich als Studentin sehr brav, überehrgeizig, weil ich auch geschätzt habe, dass ich unter so wunderbaren Bedingungen studieren durfte. Es gab Vorlesungen, wo wir wie im alten Griechenland zu sechst unter einem Baum saßen.

WIENER: Psychologie war nicht so der Renner?

SENGER: Keiner hat gewusst, was man damit machen soll, und das ist ja heute das Gleiche! Darum hab ich danach noch eine Verhaltenstherapieausbildung gemacht und eine Paartherapieausbildung, und dass mir der Sex in den Schoß fiel, das war Zufall. Ich hab damals für eine Agentur geschrieben, und diese Agentur hat einen PR-Auftrag bekommen für ein Präparat zur Kräftigung der Vitalkraft älterer Menschen, sprich: Der Sexualität. Die haben gesagt: In Skandinavien gibt es etwas, das heißt „Sexualwissenschaft“, fahren S’ dort hin und schaun S’, ob das interessante Inhalte bietet. Das hab ich gemacht, und die Ergebnisse meiner Reise habe ich in dieser Firmenzeitschrift veröffentlicht. Daraufhin wurden die QUICK und die Neue Revue auf mich aufmerksam, die haben gemeint: Die schreibt ja unheimlich interessante Sachen, und das auch noch leserlich, verständlich und nicht schamhaft. 

Dr. Gerti Senger, Foto: Peter M. Mayr

WIENER: Keine Zeit für Rock’n’Roll, Haschisch, Glockenhosen und weg mit dem BH?

SENGER: Gar nicht! Damals war ich eine früh verheiratete, biedere, schreibende, immer hart arbeitende Frau. Eine meiner Aufklärungs­serien ging über 100 Folgen und hieß „Das 1×1 Der Zärtlichkeit“, für die hab ich dann mal einen Zinnteller bekommen (lacht). 

WIENER: Kann man denn 100 ­Folgen lang zärtlich sein?

SENGER: Das war pure Aufklärung: „Es gibt große und kleine Schamlippen“, solche Sachen, es wusste ja niemand irgendwas.

WIENER: Den G-Punkt kannten damals nicht einmal Sie?

SENGER: Na, der war erst in den 80er Jahren, und da habe ich auch nur verbreitet, was ich irgendwo darüber gelesen habe.

WIENER: Gewiss haben Sie damals den Kinsey Report gelesen, der auch das männliche Glied ­vermessen hat.

SENGER: Das am meisten ver­messene Körperteil.

WIENER: Der Mann und sein ­Penis – hat er immer noch ein ­Problem mit der Größe?

SENGER: Naja, sicher. Das ist ja der erste Eindruck des Heranwachsenden, der kein positiver ist: Der kleine Bub hat das kleine Zumpferl, und der Papa, auch wenn er nicht stark gebaut ist, den deutlich größeren. Da fängt das Vergleichen und Maßnehmen an, verbunden mit der Angst, nicht groß genug zu werden. Die Größe ist bis heute ein Tabu. Frauen trauen sich selten zu sagen, wie sie ihn gerne hätten, weil sie ja wissen, das ist die verwundbarste Stelle des Mannes.

WIENER: Dann sagen wir es frei heraus – die Frauen haben natürlich lieber einen großen?

SENGER: Alles, was unter der durchschnittlichen Größe liegt, ist für viele Frauen … naja… eine ­Herausforderung für Fantasie und Anpassung.

WIENER: Wie aber richtet man den „kleinen“ Mann auf?

SENGER: Das braucht ehrliche und offene Gespräche: „Was fällt Ihnen denn ein, was man mit dem Penis noch machen kann?“ bzw. „Wie könnten Sie eine Frau denn noch befriedigen? Und welche ­Vorstellung von Männlichkeit haben Sie überhaupt?“

WIENER: Lange hieß es, dass Zärtlichkeit und Zeit beim Sex unabdingbar wären. Nun macht aber jeder Mann irgendwann die Erfahrung, dass viele Frauen eher Rambazamba wollen – nimm mich, gib’s mir!

SENGER: Der Mann hat es natürlich schwer heute. Es gibt ganz allgemein eine Feminisierung der Männer, nachdem Frauen jahrzehntelang alles getan haben, damit sie ihre weibliche Seite entdecken. Ich habe das nie gut gefunden. Die Gegensätzlichkeit ist doch das Interessante, das Spannende, das Erotische. Der Mann, der im Müsli herumstochert, also, nein. Da bin ich altmodisch, aber das ist für mich nicht männlich.

WIENER: Es gibt jetzt ein paar ­zögerliche Versuche, uns Männern den sogenannten „normalen“ weiblichen Körper in der Werbung schmackhaft zu machen.

SENGER: Ja, man sagt Diversity und „schau, die hat auch einen schönen Körper mit ihren breiten Hüften und dem Wabbelbauch!“, aber das ist ja lächerlich. Die Männer werden seit 50 Jahren mit den Bildern von Models gefüttert mit flachem Bauch und trainierten Schenkeln, und jetzt sollen sie plötzlich sagen: Zellulite ist genauso sexy?

Dr. Gerti Senger, Foto: Peter M. Mayr

WIENER: Eines Ihrer Bücher heißt „Urkraft Sex“. Wie gehen wir
heute damit um?

SENGER: Die „Sexuelle Urkraft“, die ich meine und die in uns allen steckt, sublimieren wir natürlich. Würden wir in den besten Jahren 18 bis 38 allen sexuellen Impulsen nachgeben, würde ja jeder jeden anspringen. Stattdessen bauen wir halt auch mal von IKEA ein Regal zusammen oder schreiben ein Liebesgedicht, sonst würds anders ausschauen (lacht).

WIENER: Körperlich ist diese Urkraft natürlich das Lässigste, was es überhaupt gibt. Als Junger glaubst du, du könntest alles zerreißen.

SENGER: Man glaubt auch, man wird nie krank und nie schwächeln, aber das ist eben das Problem an dieser Kraft – sie lässt nach. Es ist ein biogisches Verlustgeschäft mit anfangs Kraft im Überfluss, die man nicht richtig einsetzen kann.

WIENER: Plötzlich ist man alt.

SENGER: Und dann haben immer noch die Männer die größere Auswahl, du siehst nach wie vor keine ältere Frau mit einem jüngeren Lover, außer sie ist prominent und vielfach operiert. Aber die abgearbeitete Durchschnittsfrau mit Krampfadern und 68, ich glaub nicht, dass die eine Auswahl hat. Männer mit 68 hingegen – vorausgesetzt, sie können ein bisserl was investieren, sprich: Geld – haben immer noch alle Chancen. 

WIENER: Und wenn nicht, ist er gekränkt.

SENGER: Und kanalisiert die Kränkung schlimmstenfalls in Gewalt. Das sind Männer, die nicht verkraften, wenn sie verlassen oder korrigiert werden, oder schon wenn man ihnen sagt: Schau mich nicht so an! Sag nicht Baby zu mir! Diese Männer sind eine Gefahr, die Kränkung ist ein toxisches Element. Dass insgesamt eine hohe Gewaltbereitschaft da ist, liegt meiner Meinung nach auch daran, dass es uns einfach zu gut geht. 

WIENER: Der Sex-Markt ist schwierig. Die Frauen wollen nach wie vor den erfolgreichen Mann.

SENGER: Alle Frauen wollen Männer, die oben an der Spitze der Pyramide sind. Einmal haben sie in einer riesigen Firma gefragt, mit wem die Frauen gerne ein Verhältnis hätten? Alle wollten nur aufwärts ein Verhältnis, mit dem Chef, dem Vorgesetzten! Keine hat gesagt: Ich will den Portier.

WIENER: Sie selbst machten dann Karriere bei einem sehr erfolgreichen Mann, als Kolumnistin bei Hans Dichands Kronen Zeitung. Hat ihn denn das Thema Sex irgendwie interessiert, hat er oft mit Ihnen darüber gesprochen?

SENGER: Nein, zwischen ihm und mir gab’s eigentlich nur einmal ein Gespräch. Ein Verlag machte aus meiner Serie „Das 1×1 der Zärtlichkeit“ ein Buch, es hieß „Was heißt schon frigid?“ und war ein großer Erfolg, wegen dem G-Punkt. Eines Tages hat mich der Dichand angerufen, Anfang der 80er Jahre, und schlug mir vor: „Schreiben Sie doch eine Kolumne!“ Hab ich gesagt: „Ich weiß gar nicht, wie Kolumne geht.“ Hat er gesagt: „Das bringen S’ schon zusammen.“ Hab ich’s halt probiert. Da tritt man aber als Person in den Vordergrund und soll eine Meinung haben. Anfangs hieß das Gerti Senger spricht aus, was Frauen denken, später dann Lust und Liebe.

WIENER: Und diese Kolumne hat Sie reich gemacht?

SENGER: Es war sicher besser bezahlt, als Texte heute bezahlt werden, aber reich bin ich nicht geworden. Und von den Büchern wird man sowieso nicht reich. Gut verdient hab ich beim Fernsehen, aber vor allem war ich immer emsig, hab Aufträge angenommen, die ich vertreten konnte, war nie schlüpfrig, nie ordinär, habe Informationslücken geschlossen damals. Heute siehst du alles im Internet, da brauchst du keine Aufklärung mehr, darum schreibe ich nur noch über Beziehungen, weil das ist das wirklich Schwierige. Es gibt ein wahnsinniges Überangebot, man glaubt immer, woanders ist das Gras grüner. Und dann haben wir auch noch die Last der Jahre. Wir werden im Durchschnitt 85 Jahre alt und binden uns mit 30, da hat man eine schöne Strecke vor sich.

WIENER: Während Corona waren aber alle froh, die wen gehabt 

haben.

SENGER: Richtig, das war anders als die Zeiten davor, wo man den Single-Freund beneidet hat, der jede Woche mit einer anderen ins Bett ging. Der war dann plötzlich einsam, und man selbst hatte wen zum Reden daheim.

WIENER: Dabei lautet der Horrorsatz schlechtin: „Willst reden?“

SENGER: Der Satz hat seinen Schrecken verloren, scheint mir. In den Paartherapien merke ich die steigende Bereitschaft, sich einzulassen, es wächst die Erkenntnis, dass Dialog nicht einschränkend ist, sondern im Gegenteil.

WIENER: Sie selbst werden in den Therapien des Zuhörens nicht müde? 

SENGER: Ich bin vernarrt in das Thema, es gibt ja nichts Spannenderes. Was Paare gemeinsam erleben, wie sie kämpfen, was für Facetten des Mensch-Seins sich an ihnen ­offenbaren. Ich mag das sehr gerne, ich kann gut zuhören. Mir war noch nicht eine Stunde langweilig. 

WIENER: Früher wollte keiner einen psychischen Schaden im weitesten Sinne haben, heute scheint es, dass keiner mehr ohne Suizidgedanken, Depression oder Borderline-Syndrom auskommen möchte.

SENGER: (lacht) In letzter Zeit kommen so viele zu mir, die setzen sich her und sagen: „Wissen Sie, mein Problem ist, dass ich ein Narzisst bin.“ Weil das hat er irgendwo gelesen, und jetzt pathologisiert er die drei Eigenschaften des Narzissten, die vielleicht auch auf ihn passen. Dann sag ich: „Geh bitte, denk einmal nach!“Und dann ist er womöglich narzisstisch gekränkt, weil er kein Narzisst ist! (lacht)

WIENER: Dann rächt er sich mit einem Dick Pic. 

SENGER: Wissen Sie, ich bin davon verschont geblieben, ich bin auch ohne gut durchgekommen, wo ich noch so ausgeschaut habe, dass man mir so was vielleicht hätte schicken können.

WIENER: Damals hätte man es ­Ihnen faxen müssen.

SENGER: (lacht) Ja, aber Briefe habe ich schon sehr viele bekommen.

https://youtu.be/999XKJidO5o
Günther Jauch & Gerti Senger 1988

WIENER: Sie selbst blieben in der Sprache immer sehr dezent, „Ficken“ und „Blasen“ sagen und schreiben Sie nicht so gerne.

SENGER: Es ist nicht notwendig für mich. Ich finde „Ficken“ ein aufregendes Wort, aber für mich, im Schlafzimmer.

WIENER: Gab’s Anfeindungen?

SENGER: Solche Leute habe ich immer gestraft mit Nichtbeachtung. Oft hieß es: „Das ist überflüssig, was die macht, man weiß ja eh alles!“ Ich bin ausgepfiffen worden Anfang der 80er in der Schweiz von Frauen, als ich das Buch „Was heißt schon frigid“ vorstellte, in Linz gab es Buuuh-Rufe in einer VHS. Heute sprechen mich ältere Damen und Herren an und sagen: „Bei Ihnen hab ich so viel gelernt!“

WIENER: Wie sehr halten Sie sich heute selbst noch auf dem Laufenden?

SENGER: Was glauben Sie, was passieren würde, wenn bei mir eine Information nicht stimmt, wie die Dachverbände aufjaulen würden?

WIENER: Wird der Mann überflüssig werden?

SENGER: Das wäre eine traurige Welt. Ich liebe Männer, auch wenn ich selbst nicht mehr das Objekt der Begierde bin. 

WIENER: Waren Sie denn treu?

SENGER: Ich bin natürlich für die Monogamie, weiß aber, dass es nicht geht.

WIENER: Haben Sie mit Ihrem Mann darüber geredet?

SENGER: Natürlich! Interessant ist ja, dass wir alle Treue wollen. Aber dass es nicht geht, ist halt
leider so. Die Sexualität ist ein
Gebiet voller Gier, Neu-Gier.

WIENER: Welcher Typ Mann hat Sie denn immer nervös gemacht?

SENGER: Natürlich hab ich nicht grad schiache Männer haben wollen. Aber mir war auch wichtig, dass einer gscheit ist, dass man lachen und miteinander essen kann, und zwar richtig. Einer, der sich vier Mal auf die Waage stellt, hat mich nie interessiert. Ich war immer sinnlich im breitesten Sinne.

WIENER: Kuschelig auch?

SENGER: Ich war und bin kein Schmusekätzchen. Das Klammern, das Halten, das ist nicht meins.

WIENER: Gerti Senger ist eine glückliche Frau?

SENGER: Heute ja.