Interview

CHRISTIAN RAINER – Das große Interview

Christian Jandrisits

Christian Rainer empfängt mich gut gelaunt vor dem Flipper­automat in seiner mehr­geschoßigen Wohnung am Wiener Schottentor. Auf ­einer Sitzgarnitur, die er ­„billig“ beim Dorotheum ersteigert hat, nehme ich ihm gegenüber Platz. Vor ein paar Tagen saß hier noch seine Therapeutin zum ­Abschiedsbesuch. Zuvor hat er sich schon vom Profil ­verabschiedet. 

Moderation: Manfred Rebhandl  Ort: Wohnung von Christian Rainer Zeit: 21.03.2013 um 11 Uhr Fotos: APA/Stefan Fürtbauer

Christian ­Rainer wurde am 13. Dezember 1961 in Gmunden geboren. Mit 25 Jahren kam er nach Wien und heuerte während der Waldheim-Affäre bei der Stadtzeitung Falter an. Ab 1987 war er bei der AZ tätig und bis zu deren Einstellung stv. Chefredakteur, von 1990 bis 1997 schrieb er für die Wirtschaftswoche, ab da war er bis 2008 Chefredakteur und Mitherausgeber des „Trend“, ab 1998 dann Herausgeber und Chefredakteur des Profil, das er jüngst verließ. Er ist der Neffe des Malers Arnulf Rainer.

W: Herr Rainer, Sie sind jetzt seit ein paar Wochen weg vom Profil. Was treiben Sie in der Pension?

CR: Ich versuche nicht zu vielen Anfragen nachzukommen. Zugesagt habe ich dem ISTA in Klosterneuburg, da darf ich dem honorigen Strategic Advisory Council beitreten. Dort arbeiten 1000 Wissenschafter, in der Caféteria sitzen lauter 30jährige, zum Großteil ProfessorInnen. Dort kam ich etwa zusammen mit einem Russen, der ein Teilchen gefunden hat, erstaunlich. Ich lese ja hauptsächlich Astro- und Nanophysikbücher, mit der Mathematik komme ich natürlich nicht ganz nach, aber sonst öffnet diese Lektüre für den militanten Agnostiker in mir irgendwo ein Fenster. Das ist total spannend. 

W: Da spricht ein Wissenschaftsfan. 

CR: Ich habe mir beim Profil wegen Wissenschaftszentriertheit mehr Morddrohungen von Globuli-Fans eingehandelt als von der FPÖ. 

W: Haben Sie Angst vorm großen Nichts?

CR:  Schon mit 16 hatte ich das erste Mal diese Sekundenpanik samt Gänsehaut, als mir klar wurde, dass ich irgendwann nicht mehr leben bzw. dass ich irgendwann 60 sein würde, ich habe mich sehr bald vor der ­Endlichkeit gefürchtet, vor dem Nicht-mehr-Leben. Die meisten sagen ja zum unausweichlichen Ende: Na und? Macht ja nix! Aber dieser heitere Zugang fehlt mir.

W: Ihr Leben war halt mit 16 schon so super, dass Sie es nie verlassen wollten.

CR: Natürlich ist ein glückliches Leben Bedingung dafür, dass man es nicht missen möchte. Aber mit 61 sind wohl mindestens 2/3 der Ferien vorbei und jedenfalls die besseren.

W: Gegen solch düsteren Gedanken hilft sich der Österreicher gerne mit Alkohol und Tabletten.

CR: Ich trage seit vielen Jahren eine Tablette Xanor bei mir, die ich aber nie genommen habe. Es ist sicher längst zerbröselt. Aber es ist ein gutes Gefühl es dabei zu haben, auch wenn man es nicht nimmt. 

W: Gar nie? Gibt es nichts mehr, das Sie nervös oder unsicher macht?

CR: Private Turbulenzen, un­er­war­tete Trennungen, da kann es sein, dass ich vorsorge. Ansons­ten haue ich mir nichts rein außer morgens mal ein Ibuprofen gegen den Kater. In den letzten drei Wochen bin ich öfter um drei Uhr morgens nach Hause gekommen als in den letzten zehn Jahren.

W: Und nach dem Aufstehen gleich quality time mit dem eigenen Körper?

CR: Gestern war ich morgens und abends im Holmes Place. Das John Harris mag ich nicht so, weil die, die dort hingehen … 

W: Blümel, Kurz … 

CR: … dauernd angeredet werden wollen. Ich mache eine halbe Stunde Cardio, z.B. Stiegenstei­gen als Vorbereitung auf das Bergsteigen, das ich heuer vielleicht doch wieder mal in Angriff nehmen werde.

W: Wie lange standen Sie heute bereits vor dem Ganzkörperspiegel?

CR: Den Anblick ertrage ich längst nicht mehr.

W: Im Fernsehen waren Sie auch.

CR: Unlängst war ich bei Vera. Was Frau Russwurm vor allem interessiert hat, war wieder einmal meine Psychotherapie – und dass ein Mann darüber spricht.

W: Sie und Tony Soprano machen da eine gute Einheit. Werner Herzog hingegen hält Psychotherapie für den größten Schaas der Welt.

CR: Und das merkt man bei ihm! Er war letztes Jahr bei der Viennale, und auf der Bühne saß ein alter, weißer Mann … nein, das wäre ein Kompliment! Dort saß ein eingebildeter Kotzbrocken auf der Bühne, der die Dame, die ihn interviewte, abschasselte. Er ist ein Beweis dafür, dass keine Psychotherapie eben auch nichts bewirkt!

Werner Herzog ist ein Beweis dafür, dass keine Psychotherapie eben auch nichts bewirkt!

Christian Rainer

W: Psychotherapie ist wahrscheinlich auch nicht der Renner in Ebensee, wo Sie herkommen und in Teilzeit wieder wohnen. Haben Sie bereut, nicht die Skills eines Innviertler Wirtshausschlägers zu haben, als Sie neulich aus einem Wirthaus geflogen sind?

CR: Oder die Skills eines Goiserer Messerstechers? Nein! Da kann man nur flüchten, davonlaufen. Erstens sind die anderen weniger gehemmt, zweitens darf es zu keiner Schlägerei werden. Was noch dazu kommt: Der Angriff zielte nicht nur auf mich, sondern auf den Berufsstand des Journalisten. Dabei bin ich Journalist geworden wegen der fehlenden Erinnerungskultur, und dieser Wirt in Ebensee sagte: Das bringen wir jetzt nicht wieder auf! Und hat mich an der Gurgel gepackt und rausgetreten. Ich kann mich nicht erinnern, dass in den letzten zwanzig, dreißig Jahren ein Journalist in Österreich verprügelt wurde. 

W: Haben Sie in der Schule schon oberösterreichische Watschn eingefangen, weil Sie damals schon provoziert haben und vielleicht auffällige Kleidung trugen.

CR: Die Hosen mit Schlag und in Knallgelb, genau! Meine Farben waren immer sehr, sehr auffällig, da hat sich nicht viel geändert. Außerdem sprach ich nur Hochdeutsch, weil die Mutter als Sudentendeutsche ihr wunderbares Pragerdeutsch mit rollendem R sprach und der Vater aus Berndorf kam, wir also keine „Hiesigen“ waren. Aber ausgeteilt habe damals ich, ich war einer der verhaltensauffälligen Raufer, nicht Schläger. Einzig der Kapolnik, viel größer und stärker als ich, hat mich zusammengedrückt.

W: Gab’s immer genug Taschengeld für extravagante Kleidung des Buben?

CR: Nein. Der Vater hat gut verdient, war aber sehr sparsam, Der Onkel, der Arnulf, ist eher auf der geizigen Seite. Bei uns gab’s Margarine, während die Arbeiterkinder mit Butter frühstückten. Bei uns gab es Griesschmarrn, während die Arbeiterkinder das Rindfleisch in der Suppe hatten, so war’s. Als Direktor der Solvay-Werke war er der erste, der auf Augenhöhe mit den Arbeitern agierte, diese Erinnerung an ihn spüre ich bis heute, von den Rainers redet man gut in Ebensee, sie sind normal geblieben und vor allem im Ort geblieben, sind nicht nach Bad Ischl gegangen oder nach Gmunden. Als mein Vater 88 war, hat er gesagt, er kauft jetzt kein Auto mehr, das zahlt sich nicht mehr aus. Da hab ich ihm einen Mercedes geschenkt, weil ich ich diesen Satz nicht hören wollte, dass sich irgendwas nicht mehr auszahlt. Genauso übrigens – etwas unzusammenhängend, ich weiß – wie den Satz, dass man ab einem bestimmten Alter irgendwas nicht mehr tragen könne. Das Gegenteil ist der Fall, siehe ­Vivienne Westwood!

W: Wann kauften Sie Ihre erste Fiorucci-Jeans?

CR: Man musste nach Italien fahren, um Muratti und Fiorucci zu kaufen. Das war also spät, ich würde sagen 1984 in Florenz wäh­rend des Sprachkurses, den ich dort gemacht und nie besucht habe. 

W: Zuvor haben Sie als Gmund­ner Gymnasiast sich Richtung legendäres Mädchenpensionat bewegt?

CR: Das erste Mal habe ich mir im Pensi den Knöchel verstaucht, als ich mit 16 vor den Kreuzschwestern flüchtend aus dem 1. Stock gesprungen bin.

W: In der Lederhose?

CR: Als Kind trug ich sie ge­zwun­germaßen. Vor 17 Jahren habe ich mir beim Peter Ahammer, dem Lederhosenmacher, eine bestellt, die ich acht Jahre später von seinem Nachfolger bekommen habe. Jetzt ist die Wartezeit, wenn du beim Daxner Rudi in Ebensee bestellst, mindestens zehn Jahre, da gibt es keine Vorreihung, er geht auch nicht mit dem Preis rauf. Deine Bestellung kommt in ein dickes Buch, und wenn sie fertig ist, holst du sie ab. 

W: Die Sommer am Traunsee verbrachten Sie in der engen Badehose? Immer selbstbewusst, oder auch mal schamhaft?

CR: Schamhaft war ich nie in der Speedo, die auf der Seite zuge­geben sehr schmal war, aber ganz nackert ist man am Land nie, das mag man dort nicht. Noch heute, wenn ich am Segelboot bin und in hundert Metern Entfernung einen anderen sehe, häng ich mir das Handtuch um den Körper, um die Augen des Gegenübers nicht zu strapazieren.

W: Zum Einschmieren verwendeten Sie welches Öl?

CR: Hawaiiantropic, früher ohne Sonnenschutzfaktor, inzwischen mit. Herrlicher Kokosduft!

W: Motorisiert waren Sie wie?

CR: Mit einer 150er Vespa Baujahr 72 ohne Helmpflicht und ohne Lederjacke, das war die gefährlichste Zeit meines Lebens. Dass ich das überlebt habe! Einmal fuhr ich mit einem Freund zwei Tage lang zum Formel-1-Rennen nach Monte Carlo und zwei Tage wieder zurück und zwei Mal hat es mich fürchterlich aufgestellt, Geld für die Karten dort hatten wir allerdings keines. Die Vespa war anfangs in Silber, später ließ ich sie in British Racing Green umspritzen, was ein Fehler war. 

W : Zur Firmung klassisch eine Uhr bekommen, die Sie heute noch haben?

CR: Mitte der 1970er Jahre einen Miniwecker mit analoger Anzeige, der Wecker passte zu mir, der ich Pünktlichkeit über alles schätze.

W: Das erste Konto klassisch bei der Raiffeisenkassa eröffnet?

CR: Nein! Mein Leben lang ein Konto bei der Oberbank, mit sechs oder sieben Jahren eröffnet und bis heute behalten. Am Weltspartag gab’s dafür immer einen Parker-Kugelschreiber, auf dem Oberbank stand!

W: Das erste Mal am Traunstein war … ?

CR: … ein großes Achievement! Das Ding steht vor dir, aber die Eltern verbieten dir, raufzu­geh­en. Dabei ist er gar nicht gefährlich, außer man geht am Nachmittag hinten besoffen die Mairalm hinunter. Ich war dann schon in Wien, als ich das erste Mal rauf bin.

W: Sind Sie in der Kirche immer prominent vorne gesessen oder in der Masse verschwunden?

CR: Ich war sehr früh Agnostiker, ging aber als soziales Wesen trotzdem weiterhin in die Kirche. Die Messe in Ebensee: Links die Frauen, rechts die Männer, im Mittelschiff gemischt, und ich? Ich würde sagen: Fünfte Reihe. Nicht ganz auffällig, aber doch so platziert, dass der Priester mich sehen konnte. Schon in der Volksschule bin ich immer beim Lehrertisch gesessen, also immer in der Nähe der Macht (lacht).

Schon in der Volksschule bin ich immer beim Lehrertisch gesessen, also immer in der Nähe der Macht!

Christian Rainer

W: Haben Sie zuerst Hitlers Geburtshaus besucht oder Mauthausen?

CR: Mauthausen. Bei Hitlers Geburtshaus war ich noch nie. Das Geschichtsbewusstsein der Eltern war immer hoch, Aufarbeitung gab es früh, wir wussten, was in Ebensee los war.

W: Ebensee war dann toosmallfor­you, Sie gingen zum Studium nach Wien.

CR: Das in den 1980er Jahren grauenhaft muffig war. Man musste sich aus dem Nebel der ost­europäischen Zigaretten irgendwie rausarbeiten. Ins Monte bin ich nicht reinge­kom­men, im U4 war’s mir zu laut, also habe ich mich in die Bäckerstraße ins Alt Wien und ins Oswald & Kalb gerettet, dort hat es angefangen für mich. Der Vorteil damals: Man konnte, wenn man Kraft hatte und etwas entwickeln wollte, auffallen. Ich bin also zum Falter gegangen und habe gesagt, ich will schreiben, und der Armin Thurnher hat gesagt: Schreib! Mein erster Text war dann aber nicht über den Waldheim, sondern über Daniel Ortega in Nicaragua, der heute dort Diktator ist, damals aber der Gute war. Die Contras haben buchstäblich über uns drüber geschossen. Weil mir das noch nicht genug war, bin ich nach El Salvador, wo sie ins Hotel neben mir mit Panzerfäusten hineingeschossen
haben.

W: Ihre erste Adresse in Wien?

CR: War das Pfeilheim in der Pfeilgasse 4-6, ein reines Bubenheim! Aber an den Wochenenden waren in den Duschen nur Frauen. Später habe ich am Spittelberg für zehn Jahre in der Garde­gasse gewohnt, die Gegend war damals heruntergekommen. Danach wohnte ich in der Herrengasse im Hochhaus.

W: Ihr erstes Date in Wien?

CR: Sie hieß Alwine und ist inzwischen Contessa, nachdem sie bald einen sizilianischen Grafen geheiratet hat.

W: Beim Tanzen im Club immer bei den Lässigen dabei gewesen, oder immer in der Ecke gestanden mit wippendem Fuß?

CR: Überhaupt nie bei den Lässigen dabei gewesen und nicht einmal in der Ecke gestanden, weil in die wenigen Clubs nicht reingekommen. Ich habe mich über den Umweg Ball-Eröffnung in die Society hineingeschmissen, bei O. Tannenbaum in der Judengasse kaufte ich mir 1980 einen gebrauchten Frack, der damals schon 60 Jahre alt war und mir heute noch passt, und in dem habe ich alle Bälle eröffnet.

W: Wie wuchs Ihre Liebe zur Mode? Liefen in Gmunden schöne Männer die Promenade entlang, an denen Sie sich Vorbild nehmen konnten?

CR: Männer haben mich nie interessiert, weder als Vorbild noch als Konkurrenz. Es war die Konkurrenz mit meinem eigenen Spiegelbild, mein Narzissmus, über den ich aber Bescheid weiß und den ich gut eingehegt habe. Ich ließ mir mit zwölf Jahren die Haare wachsen und schnitt mir die Schnürlsamthose, die nicht so cool ausgeschaut hat, ab, schmierte sie mit Filzstift an und trug sie mit Fransen, sodass sie vermeintlich gut aussah, so fing es an. Dazu ein Stirnband, das ein Weih­nachtspackerlbandl war, das meine Mutter ebenso aufgehoben hat wie das Weihnachtspapier oder das Stanniolpapier von der Milka … 

Männer haben mich nie interessiert, weder als Vorbild noch als Konkurrenz.

Christian Rainer

W: Ihre Therapeutin Dr. Tutsch hatte dann ja viel zu tun mit Ihnen und Ihrer Mutter.

CR: Meiner Therapeutin Liselotte Tutsch schlug ich nach dem Ende der Therapie,  als ihr Mann gestorben war, vor, uns außerhalb der Praxis zu treffen.

W: Herr Rainer!

CR: Völlig harmlos auf einen Kaffee!

W: Wie viele Anzüge vom Knize haben Sie und wie viele von der ­Saville Row in London?

CR: Keinen von der Saville Row, einen vom Knize, der Rest von tschechischen Schneidern oder der großartigen Familie Netusek in der Gumpendorfer Straße, die meisten von dort. Am Anfang musste ich allerdings kämpfen mit denen, weil ich keine Schul­terpolster wollte, und bunte Innen­futter waren anfangs gegen de­ren Schneiderehre. Inzwischen besitze ich aber auch Jogginghosen und habe folglich die Kontrolle über mein Leben auch schon verloren.

W: Wer hat die Haare schöner als Sie?

CR: Alle Frauen.

W: Nur Shampoo oder auch Balsam?

CR: Niemals Balsam, weil viel zu mühsam. Außerdem ist der Balsam wurscht, wenn man so wie ich eine Tonne Gel rein gibt. 

W: Welcher Fotograf hat immer als erster erfahren, wenn Sie mit viel Gel im Haar eine Neue hatten?

CR: (lacht) Der, der die Selfies gemacht hat, also ich. 

W: Sie haben ein Backup?

CR: Ich besitze sehr viele Backups, aber weniger wegen der Fotos als wegen der Kontakte. Wenn mich etwas in den Selbstmord treiben könnte, dann der Verlust meiner Kontakte. 

W: Haben Sie eine „schönere“ Seite, von der Sie sich lieber
fotografieren lassen?

CR: Die „schönere“ ist die rechte, weil da die Aknenarben nicht so tief sind. Allerdings sind die Haare auf der linken Seite schöner, weil ich den Scheitel auf der rechten Seite trage.

W: Wie bahnt man an?

CR: Mit einem Lächeln.

W: Wie macht man Schluss?

CR: Man steigert die Abwesenheit, elektronisch wie real. 

W: Wann ist sie zu jung?

CR: Dann, wenn es peinlich ist. Aber da bin ich situationselastisch.

W: Waren Sie immer ein guter Lügner oder beim Lügen ein ­Nerverl?

CR: Weder noch. Aber Lügen ist mir zu anstrengend, man muss sich zu viel merken. Lieber nichts sagen, oder gleich die Wahrheit. Allenfalls, wenn es notwendig ist, entrüstet dementieren wie ein Wilderer, der den Rehbock auf den Schultern trägt, von dem er aber nichts wissen möchte, wenn ihn der Jäger damit ertappt.

Lügen ist mir zu anstrengend, man muss sich zu viel merken. Lieber nichts sagen, oder gleich die Wahrheit.

Christian Rainer

W: Führen Sie eine Eroberungsliste?

CR: Nein. Naja, eine Zeitlang wusste ich, wie viele Frauen ich geküsst habe. Aber irgendwann gingen mir die Finger an den Händen zum Zählen aus.

W: Küssen ist Ihnen wichtig?

CR: Küssen gehört zum Intimsten überhaupt, also wenn ich an etwas arbeiten würde, dann an meinen Kuss-Skills.

W: Darf die Lady an Ihrer Seite auch schönheitsoperiert sein?

CR: Ja, selbstverständlich! 

W: Haben Sie auch schon mal eine mit ein paar Tausend Euro Budget zum Worseg geschickt?

CR: Geschickt nicht, aber danach die Rechnung bezahlt.

W: Sie konnten sich’s ja leisten, Sie waren immer Spitzenverdiener. Haben Sie den Schotter konservativ oder risikofreudig angelegt?

CR: Immer viel Cash und wenig Aktien. Ich verliere ständig Geld.

W: Haben Sie die Praktikantinnen immer nach streng journalistischen Kriterien ausgesucht?

CR: Selbstverständlich. Und meistens hat das mein Kollege Michael Nikbash gemacht.

W: Nicht alle im Journalismus sind so gut gealtert wie Sie.
Waren Sie auch mal in Gefahr, sich wie andere mit Saufen zu ruinieren?

CR: Dafür bin ich viel zu diszipliniert, ich halbiere meinen Alkoholkonsum alle zehn Jahre.

W: Sie lagen immer auf der Butterseite des Lebens. Werden Sie mit den Reichen nach Neuseeland abhauen, wenn die Armen endlich aufstehen, oder werden Sie an der Seite der Armen marschieren?

CR: Selbstverständlich werde ich an der Seite der Armen und der Arbeiter in Ebensee sein, ich verstehe bis heute nicht, warum es keine Vermögens- und Erbschaftssteuern gibt, auch wenn mich die selbst betreffen würden.

W: Letzte Frage: Wie geht es Lord, Ihrem Bernhardinerstofftier, an das Sie sich kuschelten, wenn die Liebe der Mutter nicht genug war?

CR: Lord steht oben im Schlafzimmer, gegenüber vom Bett.

W: Er bleibt für immer bei Ihnen?

CR: Für immer.