AKUT
Der große Abgang der Welt-Omi
Queen Elizabeth II, Elizabeth Alexandra Mary of Windsor ist tot. Ein Nachruf von Manfred Sax.
Wer sie happy sehen wollte, der musste zu Pferderennen, nach Ascot oder Cheltenham, wenn ihre Lieblinge am Start waren. Dort konntest du sie auch lachen sehen, und du wusstest, das war kein gezwungenes Lachen; das war sie. Wenn ein Paparazzo der ”real Liz“ auf der Spur war, schlich er sich in ihrem Anwesen im schottischen Balmoral ein, um sie dann – who knows – am Steuer ihres Landrovers vor die Linse zu kriegen, und es gibt keinen entsprechenden Shot von ihr, wo sie unhappy rüberkam. Ikonisch die – von Mund zu Mund gereichte, also verfeinerte – Story vom Motorschaden ihres Land Rovers, von den resultierenden Problemen, die ihre Energie entfachten, als würde sie sagen: „Endlich mal ein interessantes Problem!“
Im Dienst bemühte Elizabeth II, mit siebzig Jahren und sieben Monaten längstdienende Britische Monarchin aller Zeiten, ihr ebenfalls ikonisch gewordenes „Ich war Vierte bei der Misswahl-Lächeln“. Das passte. Den Landsleuten signalisierte dieses Lächeln diskreten Enthusiasmus, der Rest der Welt mochte sich seinen Reim draus machen. So eine Geste kommt im Lauf der Zeit, wenn du 15 Prime Ministers zu ihrem Amt begrüßt, und vor allem, wenn du dann 14 frisch gebackene Ex-Prime Ministers verabschiedest; all diese optimistischen Versprechen, die niemals hielten.
Ich bin kein Monarchist, aber war mal anglophil (das gibt sich); mit Konsequenzen. Das hatte viel mit Jane Birkin, nichts mit der Queen zu tun. Nach 30 Jahren in der Wahlheimat Winchester, wo sie jährlich die – symbolisch nationenbildende – ”Winchester Cathedral“ besuchte, war dir dieses ihr Lächeln vertraut. Es war 30 Jahre lang immer dasselbe Lächeln, und es war nicht wirklich was damit anzufangen. Es hob aber ab, wenn sie mit diesem Lächeln auch so Erscheinungen wie Silvio Berlusconi und Donald Trump empfing. Das war große Oper, da war sie die ultimative Queen. Im Übrigen die einzige Queen weltweit, mit der alle Weltbürger aufwuchsen. Niemand, von ein paar 105-jährigen abgesehen, kann sich an eine Zeit erinnern, in der sie nicht war. Eine große Persönlichkeit. Die Welt-Omi (copyright: Heidi List)
Und wie es ist mit großen Menschen, man denke an Bowie – sie gehen mit einer großen Performance. Ihr letzter offizieller Auftritt war die Verabschiedung von Boris Johnson, dem Clown und Scharlatan und Brexit-Macher. Und dann begrüßte sie Liz Truss ins Amt, dazu kein Kommentar, es ist nicht nötig. Das „ich war Vierte bei der Misswahl“-Lächeln hatte diesen gewissen Twist. Denn dann legte Queen Elizabeth alsogleich alle ihre Hüte ab. Als hätte sie nun endgültig die Nase voll.
Ich hab großen Respekt vor dieser Frau, aber traurig finde ich ihren Tod nicht. Der Zeitpunkt war exzellent gewählt, ich kann ihn nur als genialen, bewusst gewählten letzten Akt verstehen. Der Tod eines englischen Monarchen wird vom Volk immer auch als ein Omen reflektiert. Die erste Amtshandlung des neuen Prime Ministers Liz Truss war die offizielle Bekanntgabe des Ablebens der Queen. Sowas überlebt keine Partei, da vertraue ich meinen Wahllandsleuten. Die Tories sind finished. Es war ihr letzter Akt für ihr Volk, vielleicht sogar ihr größter. Thank you, Ma’am.