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JEREMY CLARKSON „Bauer sucht Trouble“

Christian Jandrisits

Wenn ein notorischer Petrolhead plötzlich auf Landwirt umsattelt, kann das eigentlich nur schiefgehen, oder? Aber wenn dieser Neo-Bauer Jeremy Clarkson heißt, was dann? Welcome to Clarkson’s Farm, Binge-Hit bei Amazon Prime.  

Gemeinsam mit seiner Real-Life Partnerin Lisa Hogan (49), die den Diddly Squat Farmshop betreibt (wenn er gerade mal offen haben darf) versucht der streitbare Jeremy Clarkson (63) seine Farm auch abseits des Amazon-Gsturls gewinnbringend zu betreiben. 

Welcome to Cotswolds im Südwesten Englands, dahinter ist nur noch Wales. Es ist ein diskreter Landstrich, so diskret, dass es sich hier Politiker wie Ex-Prime Minister David Cameron leisten konnten, sich neben Alphas des Medien-­Imperiums von Rupert Murdoch anzusiedeln. In Summe gab das eine Blase von Typen (gewürzt mit Künstlern a la Alex James – beruflich: Blur, privat: Käseproduzent), die als Chipping Norton Set einen nicht immer astreinen Namen haben. Aber der global berühm­teste Cotswolder war lange Zeit Mister Michael Edwards alias Eddie the Eagle, seines Zeichens Dachdecker, dann olympischer Superstar im Schispringen und jetzt wieder Dachdecker.

Jeremy Clarkson TRAKTORWAHNSINN


Heute ist Jeremy Clarkson der heißeste Cotswolds-Bürger. Der 63-jährige Petrolhead aus Yorkshire, der die TV-Serie Top Gear zum Maß aller Dinge in Sachen Motorjournalismus verwandelte, und den kraft seines maskulinen Wortwitzes die Kontroversen verfolgen wie die Schmeißfliegen die Kuhfladen, hatte schon 2008 eine 400 Hektar große Cotswolds-Farm  gekauft, betreut von einem Cotswolder namens Howard, der 2019 von Raps und Weizen etcetera endgültig die Nase voll hatte. Clarkson, der nach ein paar mutmaßlich missverstan­denen Scherzen (2014: „fuhr Porsche 928 mit der Nummerntafel H982 FKL – Falkland! – durch ­Argentinien“; 2015: „ohrfeigte während Dreharbeiten einen BBC-Mitarbei­ter, weil dieser ihm Suppe anstelle von Steak zum Lunch servierte.“) nicht mehr die Gänge von Top Gear verwalten durfte, fühlte sich offenbar mit seiner neuen Amazon-Prime-Show „The Grand Tour“ (ungefähr Top Gear, nur mit anderem Namen), weiteren TV-Jobs als Talkmaster (Millionenshow GB) und Kolumnist für diverse Blätter unterfordert – und beschloss, die Farm aktiv zu übernehmen. Wie schwierig konnte das schon sein, für einen Mann, der immerhin als weltweit erster Mensch den Nordpol per Auto erreichte?

Die Diddly Squat Farm …


Clarkson taufte die Farm in Diddly Squat um (diddly squat = nichts, Anm.), und der Rest ist die aktuelle Topstory von Amazon Prime. Clarkson’s Farm, die mit handverlesenen ­Akteuren und originellen Einlagen gewürzte Doku vom Versuch, einer typischen Farm eine Existenz abzuringen, ist der große Hit des Streaming-Dienstes. Schon Staffel 1 (Profit der Farm: umgerechnet 170 Euro, Jahresverdienst Clarksons: 22 Mio Euro) war top. Staffel 2 geht, wie die Briten sagen, „durch den Kamin“. Im Fokus dabei: Clarkson’s Troubles mit den Behörden, die all seine Bemühun­gen, eine Farm auch abseits der Kameras erfolgreich zu bewirtschaften, schikanieren. Ein perfektes Sze­nario.

Rechtzeitig zur Veröffentli­chung von Staffel 2 hatte Clarkson mit einer einwandfrei geschmacklosen Kolumne über Meghan, ­Herzogin von Sussex, für einen neuen inselweiten Protestrekord (25.000+ Mails, Anm.) gesorgt. Gleichzeitig triggerte Staffel 2 ­heftigen Rückenwind für den ­nunmehr medial ­manifesten Don ­Quijote der Landwirtschaft und seinen Kampf gegen die Windmühlen der britischen Bürokratie. Und auch die Social Media-Kanäle von Clarkson, der Diddly Squat-Farm und dem sympathisch-trottolösen Sidekick Caleb Cooper freuen sich über Millionen von Klicks .  

Info. Clarkson’s Farm, 3 Staffeln, ­Amazon Prime.